Spätestens seit den 1980er Jahren gehört Japan, der 6.800-Insel-Staat am äußersten östlichen Rand Asiens, zu den global führenden Wirtschaftsmächten. Seine gut 125 Millionen Einwohner erwirtschaften das dritthöchste Bruttoinlandsprodukt weltweit und lassen damit Industriestaaten wie Deutschland und Großbritannien hinter sich.
Diese Wirtschaftskraft spiegelt sich auch im Luftverkehr wider. Der Haneda-Flughafen in Tokio - das Drehkreuz der größten japanischen Fluglinien – liegt mit 72,8 Millionen Passagieren auf Platz vier der meist frequentierten Flughäfen rund um den Globus. Nach Angaben der Weltbank beförderten die im Land registrierten Airlines im Jahr 2013 knapp 106 Millionen Passagiere. Und obwohl damit der Markt weitgehend gesättigt ist, prognostiziert die Japan Aircraft Development Corporation (JADC) für die kommenden 20 Jahre ein durchschnittliches Wachstum des Passagieraufkommens von 1,6 Prozent pro Jahr. Entsprechend ist auch der Flugzeugmarkt in Bewegung. Vor gut einem Jahr orderte die größte Fluglinie All Nippon Airways (ANA) auf einen Schlag 40 Langstreckenjets bei Boeing und 30 Mittelstreckenjets bei Airbus für insgesamt 16,6 Milliarden US-Dollar.
Mehr Passagiere und mehr Flugzeuge bedeuten auch mehr Instandhaltung. Lange blieb dieses Geschäft allerdings inländischen Anbietern vorbehalten; die beiden größten Fluglinien verfügen über eigene Shops; hinzu kommt die traditionsreiche IHI Corporation. Leo Koppers, Leiter Vertrieb bei der MTU Maintenance, weiß um die Hürden: „Japan ist ein geschlossener Markt, der für Anbieter aus dem Ausland kaum zugänglich ist.“
Doch 2010 erteilte das Japanese Civil Aviation Bureau (JCAB) der MTU Maintenance Zhuhai die Zulassung für die Instandhaltung von Triebwerken. Erstmals bescheinigte eine japanische Behörde einem vergleichsweise jungen Betrieb im konkurrierenden Nachbarland China höchste Qualität. Mit Erfolg hatte sich das Werk auf CFM56- und V2500-Antriebe spezialisiert. Noch im selben Jahr lieferte der japanische Primus ANA seine ersten CFM56-3 in den Shop und nutzt seitdem regelmäßig dessen Instandhaltungskompetenz.
Ein Jahr später kam mit Solaseed Air ein zweiter japanischer Kunde hinzu. Seit 2011 lässt das Unternehmen mit dem schwungvollen Smiley auf den grünen Hecks die CFM56-3-Triebwerke seiner Flotte in Zhuhai instand setzen. Solaseed Air, eingetragen als Skynet Asia Airways Co. Ltd., bedient seit 2002 Ziele im Süden von Japan. „Seed smiles in the sky“ lautet ihr Motto. Mittlerweile ist das Netzwerk auf 62 Flüge pro Tag auf acht Routen gewachsen. Die Airline verbindet große Städte ihrer Heimatinsel Kyushu mit Tokio, dem im Umfeld der zweiten Wirtschaftsmetropole Osaka gelegenen Kobe und dem subtropischen Urlaubsparadies Okinawa.
Im Januar 2015 vertieften die beiden Unternehmen ihre Partnerschaft mit einem Exklusivvertrag über die Instandhaltung aller 24 CFM56-7B- und -7BE-Antriebe für die Boeing 737-800-Flotte der Airline. Solaseed Air-CEO Hiroshi Takahashi erklärte dazu: „Die MTU Maintenance hat sich als zuverlässiger und vertrauenswürdiger Partner mit einer herausragenden Servicequalität erwiesen. Wir freuen uns, dass sich das Unternehmen nun auch um unsere neuesten Triebwerksmodelle kümmert.“
Typisch Japan Kirschblüten, Pagode und im Hintergrund der Fujiyama, Japans höchster und heiligster Berg. Sein stilisiertes Bild ziert die Kabinendecke im Mitsubishi Regional Jet.
In welchem Maß Japaner hohe Qualität und herausragenden Service zu schätzen wissen, belegt auch die Erweiterung der Zusammenarbeit von ANA und MTU. Obwohl die Airline über eigene Shops verfügt, liefert sie seit Ende 2013 auch Triebwerke zum deutschen Maintenance-Standort in Hannover-Langenhagen. „Eine Zulassung als Instandsetzungsbetrieb der japanischen Luftfahrtbehörde JCAB für komplette Triebwerke japanischer Kunden steht kurz bevor“, sagt Jan Steenbock, Leiter Vertrieb Asien bei der MTU Maintenance.
Gleichzeitig dehnt die MTU Aero Engines mit zwei Joint Ventures mit dem japanischen Handelshaus Sumitomo ihre Präsenz in Japan in andere Geschäftsfelder aus (siehe Inside MTU, Leasen statt Kaufen). Schritt für Schritt fasst die MTU Fuß im japanischen Markt: Es war ein historischer Moment in der Luftfahrtgeschichte des Landes, als im Oktober 2014 der Mitsubishi Regional Jet (MRJ) in Nagoya seinen Rollout hatte. Angetrieben wird das neue, umweltschonende Flugzeug für bis zu 100 Passagiere exklusiv mit PW1200G-Triebwerken – einer Neuentwicklung mit MTU-Beteiligung.