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Die MTU treibt in der Ausbildung die Digitalisierung voran

Neue Lehrmethoden, virtuelle Events und Tablets für die Auszubildenden: Die MTU zeigt, wie Ausbildung in Corona-Zeiten gelingt. Die Praxis im Betrieb bleibt aber das A und O.

05.2021 | Autorin: Nicole Geffert | 7 Min. Lesezeit

Autorin:
Nicole Geffert arbeitet seit 1999 als freie Journalistin mit den Themen Forschung und Wissenschaft, Geld und Steuern, Ausbildung und Beruf.

„Wir haben unser Ausbildungsprogramm wie geplant durchgezogen“, sagt Dustin Emmermacher, Ausbildungsmeister bei der MTU Maintenance Berlin-Brandenburg, und blickt auf ein herausforderndes, aber erfolgreiches Ausbildungsjahr in der Corona-Pandemie zurück. „Bei der praktischen Ausbildung im Betrieb gab es keine Abstriche.“ Am MTU-Standort Ludwigsfelde absolvieren insgesamt 29 junge Frauen und Männer eine Ausbildung. Emmermacher: „Es sind nie mehr als 16 unserer Azubis vor Ort, weil sich in den beiden Ausbildungsrichtungen Fluggerätmechaniker:in und Industriemechaniker:in ohnehin die Phasen von Theorie und Praxis abwechseln.“

Engagiertes Recruiting wurde infolge der Corona-Pandemie jedoch schwieriger: Aktionen in Schulen, Ausbildungsmessen, Praktika, Tage der offenen Tür und vieles mehr fielen aus. „Normalerweise besuchen wir Schulen, um auf die Ausbildung bei der MTU aufmerksam zu machen“, so Emmermacher. „Wir haben uns daher etwas Neues einfallen lassen und ein Video gedreht, in dem zwei unserer Azubis ihren Job vorstellen. Das wird an die Schulen verschickt, damit wir auch in Zeiten von Homeschooling die Schüler:innen erreichen.“

Digitale Berichtshefte und mobiles Arbeiten

Kreative Lösungen waren gleich zu Beginn der Pandemie gefragt: Im ersten Lockdown im Frühjahr 2020 schloss der Betrieb für drei Wochen. Emmermacher und seine Kolleg:innen überlegten sich Aufgaben rund ums Triebwerk, die von den Azubis zu Hause zu lösen waren. So konstruierten beispielsweise die Auszubildenden des zweiten Lehrjahrs einen Stirling-Motor. Als es im Shop wieder weiterging, wurde der Motor in kleinen Teams gebaut. Aus einer Notlösung wurde so ein Erfolgserlebnis.

Dass die MTU-Auszubildenden zuhause mobil und selbständig arbeiten können, liegt an ihrer optimalen Ausstattung. Sie haben ihren „Arbeitsplatz unterm Arm“, wie Emmermacher sagt: „Wir treiben die Digitalisierung voran. Unsere Azubis sind seit 2019 mit Laptops ausgestattet. Statt auf Papier fertigen sie nun beispielsweise ein digitales Berichtsheft an und können an virtuellen Meetings teilnehmen.“

**Wechselmodell:** Die eine Hälfte der Azubis lernt in der Lehrwerkstatt, die andere Hälfte zu Hause mit dem Laptop. Fahren Sie über das Bild für eine größere Ansicht

Wechselmodell: Die eine Hälfte der Azubis lernt in der Lehrwerkstatt, die andere Hälfte zu Hause mit dem Laptop.

Wechselmodell: Die eine Hälfte der Azubis lernt in der Lehrwerkstatt, die andere Hälfte zu Hause mit dem Laptop.

Praktisches Arbeiten hat Priorität

Hinter Manfred Hörmann, Leiter Ausbildung bei der MTU Aero Engines in München, und seinem Team liegt ein Jahr, in dem es vieles neu zu denken und zu organisieren gab. Jedes Jahr beginnen 50 Azubis am MTU-Standort München eine gewerblichtechnische Ausbildung verteilt über fünf Berufe, und 15 Nachwuchskräfte ein duales Studium. In Summe durchlaufen momentan also knapp 200 junge Menschen eine Ausbildung in München.

Hörmann: „Wir mussten die Gruppen teilen. Im Wechselmodell lernt die eine Hälfte der Azubis in der Lehrwerkstatt, die andere Hälfte zu Hause mit dem Laptop, den sie von der Firma bekommen.“ Das betriebliche Homeschooling war nicht nur eine Umstellung für die Nachwuchskräfte, sondern auch für die MTU-Ausbilder:innen, die sich ohne lange Vorbereitungszeit digitale Lehrmethoden aneignen und das Lehrmaterial erstellen mussten.

Digitale Formate als Ersatz

„Das ist ein enormer Aufwand, funktioniert aber, weil alle ihr Bestes geben“, sagt Hörmann. So hat das Ausbildungsteam am MTU-Standort München zahlreiche neue digitale Formate mit entwickelt, die zumindest einen Teil der geplanten Events ersetzen: Der Boarding Day, an dem die Azubis an ihrem ersten Arbeitstag begrüßt werden, fand teils virtuell, teils mit Aktionen in Kleingruppen statt. Der Tag der Ausbildung erfolgte per Livestream mit Chat und virtuellem Rundgang. Auch an digitalen Messen und Berufsinfotagen der Schulen engagieren sich die MTU-Ausbilder:innen, um die spannenden Jobs rund ums Triebwerk den Schüler:innen und Studierenden vorzustellen.

**Digitalisierung:** Viele Pflichtschulungen finden auch in Zukunft online statt. Fahren Sie über das Bild für eine größere Ansicht

Digitalisierung: Viele Pflichtschulungen finden auch in Zukunft online statt.

Digitalisierung: Viele Pflichtschulungen finden auch in Zukunft online statt.

„Die neuen digitalen Formate ersetzen aber nicht die praktische Ausbildung in unserer High-tech-Branche, in der die Praxis das A und O ist und erst die Begeisterung für den Job so richtig entfacht“, betont Hörmann. Dennoch gibt es neue digitale Lösungen, die bleiben – Pflichtschulungen zum Beispiel, die auch in Zukunft online stattfinden werden, wie Schulungen zur Arbeitssicherheit, Fehlerkultur, zum Lean Management, zu SAP und Outlook. Hörmann: „Auch wenn die Bedingungen durch Corona erschwert wurden, setzen wir alles daran, unseren Nachwuchs erstklassig auszubilden.“

Virtuelle Triebwerkskurse

Auch Roland Meyer, Leiter Ausbildung bei der MTU Maintenance Hannover, und sein Team haben alles gegeben, um das zurückliegende Jahr für die Auszubildenden so optimal wie möglich zu gestalten. Am MTU-Standort Hannover absolvieren insgesamt 81 junge Menschen eine Ausbildung.

„Als im ersten Lockdown die Berufsschulen schließen mussten und der Betrieb unterbrochen wurde, haben wir ad hoc das Homeschooling mit abgestimmten Lerninhalten eingeführt“, sagt Meyer. Um die Gruppengröße zu reduzieren, fanden Triebwerks- und Methodenkurse teils virtuell statt. Damit sich die Azubis optimal auf schriftliche Prüfungen vorbereiten konnten, haben Meyer und Kolleg:innen ein dezentrales Lernkonzept geschaffen, das durch den Einsatz digitaler Medien unterstützt wird.

**IT-Boot Camp:** Die Auszubildenden erhalten zusätzliche Schulungen. Fahren Sie über das Bild für eine größere Ansicht

IT-Boot Camp: Die Auszubildenden erhalten zusätzliche Schulungen.

IT-Boot Camp: Die Auszubildenden erhalten zusätzliche Schulungen.

IT-Boot Camp zum digitalen Lernen

„Wir haben für unsere Auszubildenden Tablets bestellt, um ihre digitalen Kompetenzen zu stärken und zu fördern.“ Zusätzlich erhalten sie Schulungen, wie sie mit den Tablets effektiv arbeiten können und welche Richtlinien zur IT-Sicherheit zu beachten sind. „IT-Boot Camp zum digitalen Lernen“ heißt diese Maßnahme.

Auch in Hannover hat die praktische Ausbildung höchste Priorität – die geltenden Hygienevorschriften werden wie an den anderen MTU-Standorten dabei konsequent eingehalten. „Wir haben unsere Ausbildungswerkstatt um zusätzliche Schulungsräume erweitert und die Gruppen reduziert, damit die praktische Arbeit weiterhin möglich ist“, erläutert Meyer. In mehr Kleingruppen auszubilden heißt auch, mehr Termine zu schaffen. Flexibilität und Organisationstalent waren gefragt. In den Mehraufwand haben die Ausbilder:innen viel Energie gesteckt.

Projektarbeit in Kleingruppen

„Die Azubis haben von diesen Maßnahmen gar nichts gemerkt, weil alles reibungslos lief“, so Meyer. Auch wenn viele Events wie internationale Praktika und Austauschprogramme ausfielen, die Projektarbeiten der Auszubildenden konnten trotzdem ermöglicht werden. Meyer: „Das Projektmanagement-Seminar zum Auftakt mit einer externen Trainerin fand diesmal virtuell statt, lief reibungslos und war qualitativ hochwertig“. Auch die anschließende Projektarbeit in Kleingruppen war erfolgreich. Unter anderem realisierten die Auszubildenden einen virtuellen 360-Grad-Rundgang durch den Shop.

An den drei MTU-Standorten ist man sich einig: Die Corona-Pandemie hat zwar einiges geändert, doch eines bleibt: Die MTU fördert ihren Nachwuchs und investiert in eine Ausbildung auf höchstem Niveau.

Felix Quitschau ist im zweiten Ausbildungsjahr zum Fluggerätmechaniker bei der MTU Maintenance Berlin-Brandenburg:



„Ich hatte zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, dass in meiner Ausbildung etwas zu kurz kommt.“

Felix Quitschau

„Unsere praktische Ausbildung lief trotz der Corona-Pandemie super. Unsere Lehrwerkstatt ist groß, arbeiten auf Abstand daher kein Problem. Ich hatte zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, dass in meiner Ausbildung etwas zu kurz kommt. Der Berufsschulunterricht konnte dagegen nicht so stattfinden wie gewohnt. Darauf haben unsere Ausbilder:innen aber sofort reagiert. Damit wir keinen Lernstoff verpassen, sind sie zusammen mit uns im Betrieb den theoretischen Unterrichtsstoff durchgegangen. Wann immer wir Fragen hatten oder nicht weiter wussten, haben sich unsere Ausbilder:innen die Zeit genommen, uns neben der Praxis auch die Theorie zu vermitteln. So konnten wir uns perfekt auf die Zwischen- und Abschlussprüfungen vorbereiten. Dass wir Auszubildenden alle einen Firmen-Laptop bekommen haben, ist ein weiterer Vorteil. So können wir von zu Hause aus mobil und selbstständig arbeiten, wenn es erforderlich ist, und uns ins MTU-Netzwerk einwählen, Mails austauschen und uns zu virtuellen Meetings und Besprechungen treffen.“

Leonie Sterz ist im dritten Ausbildungsjahr zur Industriemechanikerin bei der MTU Aero Engines:



„Besprechungen in der Abteilung finden ausschließlich virtuell statt. Da ich einen Firmen-Laptop habe, kann ich von zu Hause aus arbeiten und daran teilnehmen.“

Leonie Sterz

„Ich lerne zurzeit in der Werkzeugschleiferei bei der MTU in München. Wir haben ein klares Hygienekonzept, das es uns ermöglicht, unsere Arbeit im Betriebt sehr gut erledigen zu können – auch wenn es erstmal ungewohnt und anstrengend war, mit Maske körperlich zu arbeiten. Die praktische Ausbildung funktioniert wirklich gut. Meine Ausbilder:innen und Kolleg:innen in der Werkzeugschleiferei unterstützen mich, wann immer ich Fragen habe. Besprechungen in der Abteilung finden ausschließlich virtuell statt. Da ich einen Firmen-Laptop habe, kann ich von zu Hause aus arbeiten und daran teilnehmen. Wenn man wie ich neu in einer Abteilung ist, lernt man einen Teil des Teams zurzeit leider nicht persönlich kennen. Das ist schade, aber wir holen das nach, sobald es die Situation wieder zulässt. Ich bleibe optimistisch, denn ich werde nach Abschluss meiner Ausbildung in der Werkzeugschleiferei übernommen. Das war mein großer Wunsch und ich habe begeistert zugesagt, als mein Chef mich gefragt hat, ob ich bleiben möchte.“

Lidia Laudani ist im dritten Ausbildungsjahr zur Fachkraft Lagerlogistik bei der MTU Maintenance Hannover:



„Ich bekomme große Unterstützung, um mich trotz der schwierigen Lernbedingungen mit Homeschooling optimal auf meine Abschlussprüfungen vorzubereiten.“

Lidia Laudani

„In meiner Ausbildung durchlaufe ich sieben verschiedene Abteilungen. Wegen Corona musste der Ablaufplan etwas umgestellt werden. Im Einkauf war ich deshalb nur wenige Wochen vor Ort, die andere Zeit habe ich im Home Office gearbeitet und von dort auch an den virtuellen Besprechungen des Teams teilgenommen. Die Meetings fanden meistens in englischer Sprache statt. Jetzt möchte ich unbedingt meine Englischkenntnisse erweitern. Ich habe mich bereits in der Firma nach Möglichkeiten erkundigt, an einem Sprachkurs teilzunehmen. Ich muss einfach ein großes Dankeschön an das Ausbildungsteam loswerden – und an meinen Teamleiter. Ich bekomme große Unterstützung, um mich trotz der schwierigen Lernbedingungen mit Homeschooling optimal auf meine Abschlussprüfungen vorzubereiten. Zudem konnte ich – trotz der besonderen Situation – meinen Gabelstaplerführerschein im Betrieb machen. Und als ich die Idee hatte, für Praktikanten einen detaillierten Ablaufplan für ihre Praktikumswoche zu erstellen, hat mir mein Teamleiter grünes Licht gegeben. Trotz Corona läuft es in meiner Ausbildung also wirklich super!“

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