Kein Triebwerk gleicht dem anderen. Sie unterscheiden sich hinsichtlich ihres Typs, ihres Alters und der Bedingungen, unter denen sie eingesetzt werden. Folglich gibt es für die Instandhaltung keine einheitlichen Lösungen. Zerlegungstiefen und Reparaturbedarfe variieren, ebenso die Anforderungen der Kunden. Gleichzeitig sind für den Instandsetzungsbetrieb kurze Durchlaufzeiten und die pünktliche Auslieferung des Triebwerks unerlässlich.
„Das bedeutet: Unser Produktionssystem muss flexibel und stabil zugleich sein“, sagt Oliver Weller. Der Wirtschaftsingenieur mit Schwerpunkt Production Management ist Trainee in der Produktionsplanung und -steuerung bei der MTU Maintenance. Produktionssysteme in der Automobilindustrie hat er während seines Studiums analysiert. „Die Prozesse in der Instandsetzung von Triebwerken sind komplexer“, erläutert Weller. „Denn der mit dem Kunden abgestimmte Arbeitsumfang, der so genannte Workscope, ist bei jedem Triebwerk anders.“
Sollen komplette Triebwerke, Module oder Einzelteile repariert werden? Ist das Triebwerk zum regulären Check im Shop oder gab es Schäden infolge eines ungeplanten Zwischenfalls? Noch vor der Demontage wird das Triebwerk mittels Boroskopie auf verdeckte Schäden untersucht. Weller: „Finden unsere Spezialisten etwas Auffälliges, kann unser Kundenbetreuer frühzeitig mit dem Kunden Rücksprache halten und den Workscope entsprechend anpassen. Damit können wir den Shop Visit besser planen und steuern.“
Zum Beispiel die Kapazitäten: Wie viele Mitarbeiter mit welchen Qualifikationen sind für diesen Triebwerkstyp erforderlich? Welche Werkzeuge müssen bereit stehen? Welche Materialien und Ersatzteile kommen zum Einsatz? Werden Einzelteile zur Reparatur an externe Zulieferer verschickt? „Unsere größte Herausforderung ist, die Auslastung im Shop auf einem konstant hohen Niveau zu halten, um einen stabilen Prozess sicherzustellen“, sagt Weller.
Sämtliche Arbeitsabläufe und Prozesse sind klar definiert. An den MTU-Standorten Hannover und Ludwigsfelde wurde ein System von Produktion und Steuerung etabliert, das die individuellen Anforderungen jedes einzelnen Triebwerks mit aufeinander abgestimmten, getakteten Abläufen im Shop und in der Supply Chain kombiniert. „Das erwartet der Kunde. Schließlich soll das Triebwerk so schnell wie möglich zurück an den Flügel, damit das Flugzeug wieder eingesetzt werden kann.“
Doch es gibt Situationen, in denen Flexibilität gefordert ist. Weller nennt ein Beispiel: „Der Workscope sah bei einem Auftrag vor, den Hochdruckverdichter teilweise zu zerlegen. Doch während der Inspektion stellten unsere Experten weitere Bauteilschäden fest. Nach Rücksprache mit dem Kunden wurde der Workscope erweitert. Darauf müssen wir mit der Produktionssteuerung reagieren.“
Die Steuerung und Überwachung des Prozesses erfolgt mit integrierten IT-Management-Systemen, mit denen sämtliche Maßnahmen koordiniert werden. Sobald das Triebwerk eingelastet wird, also in den Shop kommt, sind alle Termine und Meilensteine verplant. Ein weiterer Erfolgsfaktor: die kontinuierliche Abstimmung aller beteiligten Fachbereiche. „Gleich zu Beginn meiner Ausbildung habe ich einen Eindruck davon bekommen, wie komplex die Abläufe mit mehr als 30 Schnittstellen sind, die ich erst einmal alle kennenlernen musste“, erinnert sich Weller.
Jedes Detail ist wichtig. „Um optimal planen und steuern zu können, müssen wir auch die Fertigungsverfahren kennen“, erläutert Weller. „So lässt sich besser nachvollziehen, wo es im Prozess eng werden könnte.“ Neue Erkenntnisse und Aufgaben gab es auch in der Demontage und Arbeitsplanung. „Dort wurde zum Beispiel der Blick geschärft für das Thema, was welche Kosten verursacht – etwa wenn Ausschuss produziert oder ein Bauteil wiederholt überarbeitet wird.“
An jeder Station hatte er ein Projekt selbständig zu bearbeiten. Bei der MTU Maintenance Zhuhai in China wurde Weller mit der Optimierung eines Prozesses beauftragt: Wie lässt sich sicherstellen, dass Teile, die zur Bearbeitung an externe Zulieferer vergeben werden, pünktlich zurück in der Montage eintreffen? „Der Fokus dabei lag auf den internen Produktionsprozessen“, berichtet er. Zusammen mit einem zehnköpfigen Team fand er die Lösung: Die kritischen Bauteile wurden identifiziert und kommen früher in den Befund. Dort werden sie nun wiederum priorisiert abgearbeitet. Rückblickend sagt er: „Mich hat begeistert, wie ergebnisorientiert das Team gearbeitet hat und wie aufgeschlossen alle gegenüber dem neuen Projekt waren.“
Mittlerweile ist Weller zurück in Hannover. Im Spätsommer 2016 wird er sein Programm absolviert haben und in der Produktionsplanung und -steuerung starten. „Das war – neben der Faszination für das Hightech-Produkt Triebwerk – ein wichtiges Kriterium, als Trainee bei der MTU anzufangen: Ich kannte mein Ziel.“