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Immer mehr Airlines feiern ein Jahrhundert am Himmel

KLM war 2019 die Erste, dieses Jahr sind es Finnair und Czech Airlines, 2026 folgt Lufthansa: In den 2020er Jahren begehen viele Airlines ihren runden Geburtstag.

08.2023 | Autor: Andreas Spaeth | 9 Min. Lesezeit

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Andreas Spaeth ist seit über 25 Jahren als freier Luftfahrtjournalist in aller Welt unterwegs, um Airlines und Flughäfen zu besuchen und über sie zu berichten. Bei aktuellen Anlässen ist er ein gefragter Interviewpartner in Hörfunk und Fernsehen.

Am 12. September 1919 verlieh die niederländische Königin Wilhelmina der ersten Luftfahrtgesellschaft ihres Landes das Prädikat „königlich“, zugleich war das junge Unternehmen eines der ersten seiner Art weltweit. Und viele Jahre später wurde sie die erste Airline, die mit ihrem ursprünglichen Namen über hundert Jahre besteht. Dieses royale Privileg gleich zu Beginn hatte noch kein anderes Unternehmen in den Niederlanden bei seinem Start erhalten. Doch kurz nach dem ersten Weltkrieg stieg die Bedeutung des Flugzeugs als ziviles Verkehrsmittel. Die Gründung der „Koninklijke Luchtvaart Maatschappij“, abgekürzt KLM, der königlichen Luftfahrtgesellschaft, war da ein deutliches Signal.

Gerade mal knapp 16 Jahre zuvor, am 17. Dezember 1903, waren überhaupt erstmals Menschen erfolgreich mit einem steuerbaren Fluggerät abgehoben und wieder gelandet: Die Brüder Wright mit ihrem primitiven Wright Flyer an den Dünen von Kitty Hawk in North Carolina. Doch nun ging alles sehr schnell, auch auf anderen Erdteilen gründeten sich die ersten Luftverkehrsgesellschaften. In den 2020er Jahren erreichen nun gut ein Dutzend von ihnen, die so lange überdauert haben, ihr hundertjähriges Jubiläum. Der AEROREPORT stellt eine Auswahl von Airlines mit solch langer Historie in der Reihenfolge ihrer Gründung vor.


KLM – Niederlande – 1919

KLM begann bereits 1924 mit Langstreckenflügen nach Batavia, dem heutigen Djakarta mit einer Fokker F.VII. Schon ab 1934 bestellte KLM Flugzeuge bei Douglas in den USA, zuerst die DC-2. Später DC-3, DC-4 und DC-6. Bereits 1946 wurden auch Langstrecken wieder aufgenommen, zunächst nach New York. Als ersten Jet führte KLM 1960 die DC-8 ein und blieb später auch mit der DC-10 und der MD-11 Douglas treu, setzte ab 1971 aber auch auf die Boeing 747. 2005 schloss sich KLM mit Air France zu einem gemeinsamen Unternehmen zusammen.

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Gegründet: 7. Oktober 1919 auf Initiative ihres ersten Direktors Albert Plesman und einer Gruppe Investoren.
Erstflug: Am 17. Mai 1920 flog eine gecharterte De Havilland DH-16 von London-Croydon nach Amsterdam-Schiphol. An Bord waren neben dem Piloten zwei Journalisten, ein Schreiben des Londoner an den Amsterdamer Bürgermeister und ein Stapel Zeitungen.
Gut zu wissen: Jedes Jahr zu ihrem Geburtstag bringt KLM die Nachbildung eines historischen Hauses aus Porzellan heraus, das mit Genever (Gin) gefüllt ist. Business-Gäste erhalten eins als Geschenk auf Langstrecken, die Häuschen sind ein beliebtes Sammelobjekt.
Flottenstärke 2023: 110 Flugzeuge
Passagiere 2022: 25,8 Millionen

Avianca – Kolumbien – 1919

Mitte der 1920er Jahre begannen internationale Flüge von Kolumbien in die Nachbarländer. Als Amerikas älteste Airline, nun unter neuem Namen, begann Avianca 1946 mit internationalen Flügen auch in die USA und nach Europa, eingesetzt wurden DC-4, ab 1951 Lockheed Super Constellations. 1961 leaste man mit zwei Boeing 707 die ersten Jets, ab 1976 als erste lateinamerikanische Airline die Boeing 747. 2005 und 2021 überstand Avianca zwei Chapter-11-Konkursschutzverfahren und startete jeweils von Neuem.

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Gegründet: Am 5. Dezember 1919 als Deutsch-Kolumbianische Luftverkehrsgesellschaft unter dem Namen Sociedad Colombo Alemana de Transportes Aéreos (SCADTA). Avianca (Aerovias Nacionales de Colombia), die erst am 14. Juni 1940 unter diesem Namen startete, reklamiert die Geschichte ihrer Vorgängerin allerdings für sich – womit sie die zweitälteste Fluggesellschaft der Welt wäre.
Erstflug: SCADTA führte ihren Erstflug am 5. Dezember 1920 mit einer Junkers F 13 von Barranquilla nach Puerto Colombia durch, transportiert wurden 57 Postsendungen.
Gut zu wissen: Die von deutschen Emigranten gegründete SCADTA hatte es schwer mit der subventionierten Pan American World Airways in Lateinamerika zu konkurrieren, Pan Am übernahm daher ihre Anteile Ende der 1930er Jahre.
Flottenstärke 2023: 110 Flugzeuge
Passagiere 2022: 24,6 Millionen

Qantas – Australien – 1920

Zunächst transportierte Qantas Passagiere vom westlichen Queensland in andere Teile Australiens, ab Mai 1934 begann Qantas Flugbootdienste von Darwin nach Singapur. Ab Dezember 1947 bediente die Airline mit der Lockheed Constellation London, was pro Strecke vier Tage dauerte. Mit Lieferung der ersten Boeing 707 begann Qantas die Jet-Ära, ab 1971 wurde Qantas bis einschließlich 2020 zu einem wichtigen Betreiber der Boeing 747.

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Gegründet: Am 16. November 1920 in Winton, Queensland als Queensland and Northern Territory Aerial Services (QANTAS) durch drei australische Luftfahrtpioniere und Geschäftsleute.
Erstflug: Am 2. November 1922 mit einem Avro 504-Doppeldecker.
Gut zu wissen: Das berühmte Känguru-Logo wurde erstmals 1944 auf Flügen von Sydney nach Karachi genutzt, von wo die Airline BOAC weiter nach London flog. Ab 2025 will Qantas in rund 20 Stunden nonstop die Strecke Sydney-London fliegen.
Flottenstärke 2023: 125 Flugzeuge
Passagiere 2022: 21,25 Millionen

Czech Airlines – Tschechische Republik – 1923

Im Juli 1930 wurde die erste internationale Route nach Zagreb eröffnet und ab 1937 die DC-2 und DC-3 beschafft. Nach der deutschen Besetzung wurde die Gesellschaft aufgelöst und erst 1945 wieder gegründet sowie der Betrieb mit drei Junkers Ju 52 und DC-3 aufgenommen. Ab 1949 kamen nur noch sowjetische Flugzeugtypen zum Einsatz. 1992 wurde ČSA privatisiert, seit Abspaltung der Slowakei firmiert sie als Czech Airlines. Derzeit ist die Gesellschaft im Besitz des Billigfliegers Smartwings, nach einer Beinahe-Pleite 2021 auf ein Minimum geschrumpft und fliegt nun nur noch nach Paris.

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Gegründet: Am 29. Juli 1923 als Československé státní aerolinie, früher auch kurz ČSA, als staatliches Luftfahrtunternehmen der damaligen Tschechoslowakei.
Erstflug: Am 29. Oktober 1923 durch eine Aero A-14 von Prag nach Bratislava, an Bord waren neben dem Piloten ein Passagier und 760 Gramm Post.
Gut zu wissen: ČSA begann ab 1957 als dritte Airline der Welt die Jet-Ära mit der Tu-104A auf der Route Prag-Moskau.
Flottenstärke 2023: 2 Flugzeuge
Passagiere 2022: k. A.

Finnair – Finnland – 1923

Ab 1936 nutzte Finnland feste Flugplätze. Nach dem Krieg begannen Flüge nach Europa im November 1947 mit der DC-3, ab 1953 wurde als Markenname Finnair verwendet. Mit der Convair 440 bot die Gesellschaft jetzt auch längere Routen bis nach London. Die Caravelle startete 1961 die Jet-Ära, ab 1968 begann mit der DC-8 der Transatlantikverkehr. Ab 1983 entwickelte sich Finnair zunächst mit der DC-10 zum Pionier für den Verkehr von Europa über kürzere nördliche Routen nach Asien, ein lukratives Geschäftsmodell bis zum Ukraine-Krieg 2022.

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Gegründet: 1. November 1923 als AERO O/Y.
Erstflug: Am 20. März 1924 mit einer Junkers F 13, die 162 Kilogramm Post von Helsinki nach Tallinn flog und als Wasserflugzeug verkehrte, da beide Städte noch nicht über Flughäfen verfügten.
Gut zu wissen: Seit 2022 gibt Finnair wieder Zertifikate für die Überquerung des Nordpols an Passagiere aus, nachdem sie zeitweise wie 1983 bereits wieder die Polroute nach Japan nutzt.
Flottenstärke 2023: 79 Flugzeuge
Passagiere 2022: 9,1 Millionen

Delta Air Lines – USA – 1925

Ab 1934 führte Delta zunächst Luftpostflüge durch, den heutigen Namen Delta Air Lines trägt das Unternehmen seit 1945. Bereits 1953 flog es erste internationale Routen, 1959 begann mit der DC-8, die Delta als erste einsetzte, die Jet-Ära, 1965 war sie auch Erstbetreiber der DC-9. Die interkontinentale Expansion startete erst 1981 mit ersten London-Flügen, 1987 folgten dann Transpazifik-Routen. Delta ist die umsatzstärkste Airline der Welt und bei Passagierzahlen an dritter Stelle weltweit.

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Gegründet: Am 2. März 1925 als Huff Daland Dusters in Macon, Georgia, der weltweit ersten Firma für Landwirtschaftsflüge. Am 3. Dezember 1928 dann als Delta Air Service.
Erstflug: Am 17. Juni 1929 von Dallas, Texas, nach Jackson, Mississippi mit zwei Zwischenstopps.
Gut zu wissen: Delta (benannt nach dem Mississippi-Delta) hat ihren Sitz und ihr Drehkreuz am nach Passagieren größten Flughafen der Welt in Atlanta.
Flottenstärke 2023: 936 Flugzeuge
Passagiere 2022: 141,6 Millionen

Lufthansa – Deutschland – 1926

Die Luft Hansa breitete sich neben ihrem dichten Europanetz früh auf andere Kontinente aus, schon 1928 flogen ihre Piloten erstmals nonstop von Europa nach Amerika, bald wurde eine Passagierroute nach Tokio eingerichtet sowie Tochterfirmen in Brasilien und China gegründet. Ab dem 1. April 1955 startete die Nachkriegs-Lufthansa und machte sich schnell in aller Welt einen Namen. Im März 1960 begann mit der Boeing 707 das Jet-Zeitalter. Erst seit 1997 ist die Lufthansa vollständig privatisiert.

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Gegründet: Am 6. Januar 1926 in Berlin als Deutsche Luft Hansa. Rechtlich separat davon wurde am 6. Januar 1953 die Deutsche Lufthansa AG gegründet.
Erstflug: Am 6. April 1926 flog eine sechssitzige Fokker F.II von Berlin-Tempelhof via Halle, Erfurt und Stuttgart nach Zürich.
Gut zu wissen: Das berühmte Kranich-Logo wurde bereits ab 1919 von der Vorgängergesellschaft Deutsche Luft-Reederei genutzt und dürfte die älteste Airlinemarke der Welt sein.
Flottenstärke 2023: 328 Flugzeuge
Passagiere 2022: 93 Millionen

American Airlines – USA – 1926

82 kleinere Airlines flogen in den frühen 1930er Jahren mit eigenem Namen unter der Dachmarke American Airways. Am 25. Juni 1936 starte American Air Lines ihre Liniendienste als eigenständige Marke mit einem DC-3-Flug von Newark nach Chicago. Daraus sollte bald die in jeder Hinsicht größte Airline der Welt entstehen. Bereits 1959 begann American mit der Boeing 707 die Jet-Ära. Schwerpunkt war stets der Inlandsverkehr, erst ab 1982 wurde mit London erstmals Europa angeflogen. Mit Übernahme der TWA 1991 expandierte American im Transatlantikverkehr, heute bedient sie 48 Länder.

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Gegründet: Am 15. April 1926 als American Airways, Inc., 1934 als American Air Lines.
Erstflug: Am 15. April 1926 startete Luftfahrtpionier Charles A. Lindbergh, damals Chefpilot einer der Vorgängerfirmen, in seinem De Havilland DH-4-Doppeldecker mit Luftpost von St. Louis nach Chicago.
Gut zu wissen: American Airlines war ab 1970 die einzige Airline, die in der Boeing 747 Bar-Lounges einbaute inklusive eigens hergestellter Wurlitzer-Pianos.
Flottenstärke 2023: 948 Flugzeuge
Passagiere 2022: 199,2 Millionen

Iberia – Spanien – 1927

Zu Anfang spielte die DLH eine wesentliche Rolle im Flugbetrieb der Iberia, noch 1939 übernahm sie Junkers Ju 52 aus Deutschland. Schon 1946 war Iberia die erste europäische Fluggesellschaft mit Südamerika-Flügen, als sie mit der DC-4 begann nach Buenos Aires zu fliegen, ab 1954 wurde die Lockheed Super Constellation eingesetzt. Jets kamen ab 1961 mit der DC-8 und der Caravelle zum Einsatz. Iberia wurde 2001 privatisiert.

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Gegründet: Am 28. Juni 1927 mit Investments eines spanischen Finanziers und der Deutschen Luft Hansa (DLH).
Erstflug: Am 14. Dezember 1927 auf der Strecke von Barcelona nach Madrid mit einer von der DLH gecharterten Rohrbach Ro VIII.
Gut zu wissen: Von 1977 bis 2013 versuchte Iberia durch eine Krone in ihrem Firmenlogo königlichen Glanz auszustrahlen, anders als bei KLM war es hier aber nur eine Episode.
Flottenstärke 2023: 89 Flugzeuge
Passagiere 2022: 12,2 Millionen

LOT – Polen – 1928

Der erste internationale Flug startete am 2. August 1929 von Warschau nach Wien, zum Einsatz kamen Junkers F 13 und Fokker F.VII. Ab 1935 setzte LOT amerikanische Flugzeuge wie die DC-2 ein, bereits für 1940 waren Transatlantikflüge geplant, was der Krieg allerdings verhinderte. Bereits 1946 erfolgte der Neustart, und selbst als Teil des Ostblocks flog das sozialistische Polen vereinzelt westliche Flugzeuge und bediente Westeuropa. Die Tupolew Tu-134 war 1968 der erste Jet bei LOT. 2012 wurde LOT der erste europäische Betreiber der Boeing 787.

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Gegründet: Am 29. Dezember 1928 als Polskie Linie Lotnicze (LOT).
Erstflug: 1. Januar 1929
Gut zu wissen: In den späten 1970er und 1980er Jahren wurden rund 20 LOT-Flüge nach Berlin-Tempelhof (West-Berlin) entführt, daher hieß LOT dort im Volksmund „Landet ooch Tempelhof’“.
Flottenstärke 2023: 73 Flugzeuge
Passagiere 2022: 8,4 Millionen

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