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Airbus A321XLR: neues Kapitel für die Luftfahrt

Der Airbus A321XLR revolutioniert die Langstrecke, da er bis zu elf Stunden in der Luft bleiben kann. Seit Ende 2024 ist der Bestseller im Liniendienst unterwegs.

Autorin: Isabel Henrich | 3 Min. Lesezeit aktualisiert am: 21.08.2025

Autorin:
Isabel Henrich ist studierte Politologin und Kommunikationswissenschaftlerin. Bei der MTU steuert sie den redaktionellen Prozess des AEROREPORTs und ist zuständig für die Konzeption und Entwicklung der Inhalte.

AEROREPORT-Serie: Ikonen der Luftfahrt

Über 30 Jahre nach der Einführung des Airbus A321 ist dem europäischen Flugzeughersteller eine kleine Revolution gelungen: Äußerlich kaum verändert, verfügt die neue A321XLR (Xtra Long Range) im Inneren über einen zusätzlichen Treibstofftank mit einem Fassungsvermögen von 12.900 Litern – das entspricht rund 10,6 Tonnen Kerosin. Damit erreicht der Narrowbody Reichweiten von bis zu 8.700 Kilometern oder nahezu elf Stunden Flugzeit – Werte, die bislang Großraumflugzeugen vorbehalten waren. Und das bei deutlich geringeren Betriebskosten eines Flugzeugs mit schmalem Rumpf und nur einem Mittelgang.

Mit durchschnittlich 180 Sitzplätzen in einer Zweiklassenkonfiguration erweist sich die A321XLR auch auf Langstrecken als wirtschaftlich – besonders dort, wo sich der Einsatz eines größeren Jets nicht lohnt. Für viele Airlines, die bereits die A321ceo oder A321neo auf Kurz- und Mittelstrecken einsetzen, ist die XLR eine attraktive Erweiterung ihrer Flotte. Das zeigen auch die Rekordbestellungen: Bis zum Sommer 2025 lagen bereits über 550 Orders vor.

Seit dem Erstflug der A320 im Jahr 1988 entwickelt Airbus die Modellfamilie kontinuierlich weiter. Ein erster Meilenstein war 2015 die A321LR (Long Range), die unter anderem bei JetBlue bereits Transatlantikflüge durchführte.

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Die A321XLR verbraucht 30 Prozent weniger Treibstoff pro Sitz als die vorherige Flugzeuggeneration.

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Die Kosten pro Flug reduzieren sich um 45 Prozent im Vergleich zu modernen Großraumflugzeugen.

A321XLR: Zahlen, Daten, Fakten

  • Den ersten Langstrecken-Linienflug mit einer A321XLR absolvierte Iberia am 14. November 2024 auf der Strecke Madrid-Boston.

  • Die Musterzulassung der A321XLR mit LEAP-1A-Triebwerken erfolgte am 19. Juli 2024, die XLR-Version mit PW1100G-JM-Antrieb wurde am 21. Februar 2025 zugelassen.

  • Zu den ersten Einsatzrouten der A321XLR gehören vor allem Transatlantikverbindungen – etwa von Dublin nach Nashville, Indianapolis oder Minneapolis. Doch auch längere Strecken von Europa in den Mittleren Osten zählen dazu, beispielsweise von London nach Dschidda oder von Mailand nach Abu Dhabi.

  • Die A321XLR hat eine Reichweite von bis zu 8.700 Kilometern (4.700 nautischen Meilen) bei einer maximalen Flugzeit von elf Stunden und ist damit das Narrowbody-Flugzeug mit der größten Reichweite. Zum Vergleich: Die A321neo kommt auf rund 6.480 Kilometer (3.500 nautischen Meilen) und die A321LR (Long Range) erreicht 7.400 Kilometer (4.000 nautischen Meilen).

  • Äußerlich unterscheidet sich die A321XLR nicht von der A321 und dem Nachfolgemodell A321neo. Die wesentliche Neuerung steckt im Rumpf: Während ein normaler Airbus A321 19 Tonnen Kerosin fasst, verfügt das XLR-Modell zusätzlich über einen fest eingebauten zentralen Hecktank (rear center tank) im hinteren Unterflurbereich, der 12.900 Liter Treibstoff aufnehmen kann. Er ergänzt den normalen Mitteltank (center tank), der Platz für 8.190 Liter bietet. Für XLR-Kunden, die die Reichweite voll ausnutzen wollen, gibt es die Möglichkeit, einen Extratank zu installieren und zwar wie einen Gepäckcontainer im Frachtraum vor den Tragflächen. Das bringt noch einmal 3.121 Liter.

  • Um die neue Treibstoffkapazität voll auszuschöpfen, wurde das maximale Abfluggewicht im Vergleich zur A321LR von 97 auf 101 Tonnen erhöht.

  • Eine größere und stärkere Rumpfverkleidung ermöglicht im Ernstfall in Verbindung mit dem zentralen Hecktank Notlandungen auf dem Bauch. Die verlängerte Verkleidung wirkt wie ein Kissen, auf dem das Flugzeug bis zum sicheren Stillstand gleiten kann.

  • Die A321XLR verbraucht 30 Prozent weniger Treibstoff pro Sitz als die vorherige Flugzeuggeneration.

  • Die Kosten pro Flug reduzieren sich um 45 Prozent im Vergleich zu modernen Großraumflugzeugen.

  • In einer typischen Zweiklassen-Konfiguration haben in der A321XLR zwischen 180 und 220 Passagiere Platz.

  • Auch als Militärtransporter findet die A321XLR Verwendung: Die Royal New Zealand Air Force ersetzt mit ihr ihre über 30 Jahre alten Boeing 757. Die Flugzeuge sollen Soldaten und Material befördern, humanitäre Hilfseinsätze im Pazifik unterstützen sowie Regierungsflüge und Antarktis-Missionen ermöglichen – Aufgaben, für die die große Reichweite der XLR entscheidend ist.

Airbus A321XLR

Airbus A321XLR

Typ:
Zweistrahliges Verkehrsflugzeug
Hersteller/Herkunft:
Airbus, Hamburg/Toulouse
Erstflug:
15. Juni 2022
Indienststellung:
6. November 2024 bei Iberia
Produktionszeit:
2022 bis heute
Länge:
44,51 Meter
Spannweite:
35,80 Meter
Reichweite:
8.700 Kilometer
Reisegeschwindigkeit:
833 km/h
Sitze (max./typisch):
244/182
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PW1100G-JM Das Triebwerk bietet Verbesserungen im zweistelligen Prozentbereich bei Kraftstoffverbrauch, Schadstoff- und Lärmemissionen sowie Betriebskosten.

Die Triebwerke des A321XLR

Fluggesellschaften können sich bei der A321XLR genauso wie bei der A320neo und A321neo entweder für das LEAP-1A von CFM International oder für das PW1100G-JM von Pratt & Whitney entscheiden.

Mit einem maximalen Schub von 35.000 Pfund ist das PW1100G-JM Teil der erfolgreichen Getriebefan-Triebwerksfamilie von Pratt & Whitney. Die MTU Aero Engines verantwortet mit einem Programmanteil von 18 Prozent unter anderem die schnelllaufende Niederdruckturbine und die ersten vier Stufen des Hochdruckverdichters sowie die Endmontage eines Drittels der Serien-GTFs an ihrem Standort in München. Die Instandhaltung erfolgt bei der MTU Maintenance Hannover, der MTU Maintenance Zhuhai, bei EME Aero und bei der MTU in München.

Die GTF-Familie überzeugt durch Effizienz und Sparsamkeit: Gegenüber der Vorgängergeneration senkt sie die CO2-Emissionen um 20 Prozent und verringert den Lärmteppich um 75 Prozent.

PW1100G-JM

PW1100G-JM

Typ:
Zweiwellen-Zweistromtriebwerk
Schub (Pfund):
24,4 -33 k
Nebenstromverhältnis:
12.5:1
Fan-Durchmesser:
2,05 m
MTU-Kompetenzen:
Entwicklung und Fertigung verschiedener Stufen des Hochdruckverdichters, der schnelllaufenden Niederdruckturbine und von Bürstendichtungen bei allen Anwendungen. 1/3 der Endmontage der PW1100G-JM Serientriebwerke finden bei der MTU Aero Engines in München statt. Instandhaltung durch die MTU Maintenance Hannover, MTU Maintenance Zhuhai, EME Aero und MTU in München.
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Die LEAP-Triebwerksfamilie von CFM International umfasst drei Modelle, die ein Schubspektrum von 23.000 bis 35.000 Pfund abdecken.

Das LEAP-1A ist ein Zweiwellen-Zweistromtriebwerk mit einem maximalen Schub von 35.000 Pfund. Die LEAP-Triebwerksfamilie von CFM International, einem Konsortium von GE Aerospace und Safran Aircraft Engines, umfasst neben dem LEAP-1A zwei weitere Modelle: Das LEAP-1B treibt die Boeing 737 MAX an und das LEAP-1C die Comac C919.

Seit dem Jahr 2021 erfolgt die Instandsetzung des LEAP-1A durch die MTU Maintenance Zhuhai. Zusätzlich bietet die MTU über die MTU Maintenance Lease Services B.V. in Amsterdam verschiedene Optionen für das Triebwerksleasing an. Auch die MTU Maintenance Fort Worth wird zukünftig als Premium MRO Partner die komplette Instandhaltung der LEAP-Modelle betreuen. Die LEAP-Triebwerksfamilie zeichnet sich durch eine 15-prozentige Verbesserung des Treibstoffverbrauchs gegenüber Vorgängerversionen aus.

LEAP-1A

LEAP-1A

Typ:
Zweiwellen-Zweistromtriebwerk
Max. Schub:
35.000 lbf
Nebenstromverhältnis:
11:1
Höhe:
2,4 m
MTU-Kompetenzen:
Instandsetzung durch die MTU Maintenance Zhuhai sowie On-Site Service Aktivitäten. Die MTU Maintenance Fort Worth wird zukünftig als Premium MRO Partner die komplette Instandhaltung der LEAP-Modelle betreuen.


Und doch lag in diesem Moment eine ganz besondere Stimmung in der Luft – nicht wenige schienen gerührt, manche mit glänzenden Augen.

Andreas Spaeth

Luftfahrtjournalist Andreas Spaeth erinnert sich

Am 15. Juni 2022 hob die A321XLR zum ersten Mal ab. Der Erstflug fand in Hamburg-Finkenwerder statt – und trotz der noch spürbaren Auswirkungen der Corona-Pandemie war die Stimmung außergewöhnlich euphorisch. Viele freuten sich, endlich wieder ein solches Ereignis persönlich miterleben zu dürfen. Die Begeisterung schien sogar größer als bei anderen Erstflügen.

Gegen elf Uhr vormittags richteten sich alle Blicke ans Ende der Startbahn in Richtung Elbe. Nur wenige Minuten zuvor war dort eines der berühmtesten Kreuzfahrtschiffe der Welt vorbeigeglitten – die „Queen Mary 2“. Unerwartet für die Zuschauer setzte sich dann die A321XLR, Baunummer 11000, Kennzeichen F-WXLR, noch vor dem geplanten Begleitflugzeug in Bewegung. Kurz darauf beschleunigte sie und hob exakt um 11:05 Uhr – fast direkt vor den aufgereihten Beobachter:innen – ab. Eigentlich ein vertrautes Bild: Flugzeuge der A320-Familie starten in Finkenwerder seit 1987, die erste A321 absolvierte ihren Jungfernflug ebenfalls genau hier, im Jahr 1993. Und doch lag in diesem Moment eine ganz besondere Stimmung in der Luft – nicht wenige schienen gerührt, manche mit glänzenden Augen.

Nun begann das Warten an der Elbe. Der Erstflug sollte bis zu vier Stunden dauern. Gegen 15:30 Uhr hatten sich rund 100 Mitarbeiter:innen vor dem Auslieferungszentrum versammelt. Dann, hinter der großen Werkshalle, tauchte der Erstflieger auf, zog nach einem Überflug eine enge Kurve über Finkenwerder und setzte um 15:40 Uhr nach drei Stunden und 35 Minuten Flugzeit wieder auf. Langsam rollte die Maschine auf die Menschenmenge zu, begleitet von einem feierlichen Wasserfontänen-Salut der Flughafenfeuerwehr. Applaus und Jubel brandeten auf. Es vergingen gefühlt endlose Minuten, bis sich schließlich die Tür öffnete. Unter „Bravo“-Rufen stieg die fünfköpfige Besatzung nacheinander die Gangway hinab. Jeder trat kurz auf die improvisierte Bühne und richtete ein paar Worte an die begeisterten Mitarbeiter:innen. Als Erster sprach Kapitän Thierry Diez. „Das ist auch euer Baby!“, rief er in die Menge – und erntete lauten Beifall. Dann fügte er stolz hinzu: „Dieses Flugzeug ist so universell wie ein Schweizer Messer. Damit können wir mit derselben Pilotenlizenz Kurz-, Mittel- und Langstrecken fliegen.“

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Der AEROREPORT ist das Online-Magazin der MTU Aero Engines, Deutschlands führendem Triebwerkshersteller. Fliegen und die Technologie, die es ermöglicht, sind faszinierend und bieten ein breites Themenspektrum: mehr als hundert Jahre Geschichte und viele Fragestellungen für die Zukunft der Luftfahrt angesichts von Klimawandel, Bevölkerungswachstum und Ressourcenknappheit.