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Das PW200 im Einsatz bei den Hubschrauberstaffeln der Polizei
Die Einsatzkräfte der Polizei verlassen sich zu hundert Prozent auf ihr Gerät: Hubschrauber vom Typ H135 / EC135 mit leistungsstarken und robusten PW200-Triebwerken.
12.2019 | Autorin: Nicole Geffert | 4 Min. Lesezeit
Autorin:
Nicole Geffert
arbeitet seit 1999 als freie Journalistin mit den Themen Forschung und Wissenschaft, Geld und Steuern, Ausbildung und Beruf.
Nichts geht mehr. Beim Aufstieg zum Gipfel der Zugspitze, Deutschlands höchstem Berg, macht der Wanderer schlapp. Seine Kräfte hat er überschätzt. An einer steilen Passage gibt er auf. Das Mobiltelefon signalisiert: kein Empfang. Seine Familie, die zuhause auf ein Lebenszeichen von ihm wartet, meldet ihn später als vermisst.
Die Suche nach ihm erfolgt aus der Luft. Ein Airbus Helicopters H135 der Polizeihubschrauberstaffel Bayern startet am Flughafen München, wo die Staffel stationiert ist. An Bord sind neben dem Piloten und dem Flugtechniker auch zwei Rettungskräfte der Bergwacht. Die erfahrene Crew entdeckt den Vermissten am Rande eines Schneefelds. Mit einer Seilwinde, die der Flugtechniker bedient, wird einer der Bergretter herunter gelassen. Der Wanderer ist zum Glück nicht verletzt, nur erschöpft. Wäre er schwer verletzt, würden die Einsatzkräfte sofort die Rettungsleitstelle informieren, um einen Rettungshubschrauber mit Notarzt anzufordern. So aber kann der Mann mit der Seilwinde an Bord gezogen, versorgt und abtransportiert werden.
Peter Hauschild, seit 2008 Technischer Betriebsleiter bei der Bereitschaftspolizei Hubschrauberstaffel Bayern, liest am nächsten Morgen den Einsatzbericht. Er und sein Team – insgesamt 14 Mitarbeiter für Zelle, Triebwerk und Avionik – kümmern sich in dem vom Luftfahrtbundesamt (LBA) zertifizierten Instandhaltungsbetrieb in Hangar 3 um die acht H135 und 16 Triebwerke vom Typ PW200 der Staffel.
„Das ist für den Wanderer nochmal gut ausgegangen“, sagt Hauschild. Er kennt auch kritischere Einsätze, etwa bei Gewitter mit Hagelschlag, schlechter Sicht wegen Nebels oder wenn der Hubschrauber auf einem abschüssigen Schotterbett aus Sand, Kies und Steinen landen und starten muss. „Dann ist nicht ausgeschlossen, dass Fremdkörper ins Triebwerk geraten und Schäden zum Beispiel an den Verdichterschaufeln verursachen“, sagt er. Da die Staffel mitunter abseits von Pisten landen muss, wurden die PW200-Triebwerke zum Schutz vor Erosion mit einem Inlet Barrier Filter, einem Sandfilter, ausgerüstet.
Mit der Wärmebildkamera Glutnester aufspüren
Einsätze im alpinen Gelände stehen nicht auf dem Arbeitsplan von Marvin Gereke, seit 2017 Technischer Betriebsleiter der Polizeihubschrauberstaffel Niedersachen, stationiert am Flughafen Hannover-Langenhagen. Dafür meistern er und seine Kollegen am Boden und in der Luft andere Herausforderungen. Als 2018 ein Moorbrand auf einem Bundeswehrgelände bei Meppen unter Kontrolle gebracht und gelöscht werden muss, sind die EC135 P2 mit PW200-Antrieb in der Luft, um Glutnester auf dem weitläufigen Gelände aufzuspüren und damit die Arbeit der Feuerwehren zu unterstützen.
„Die Hubschrauber werden dafür außen mit einer kreiselstabilisierenden Wärmebildkamera ausgestattet, dem Electro Optical System, kurz EOS genannt“, erklärt Gereke. Ein EOS-Operator an Bord bedient das komplexe Gerät. Während der Pilot für die Steuerung des Hubschraubers sowie für die Kommunikation mit der Flugsicherung zuständig ist, ist der Flugtechniker neben ihm im Cockpit der polizeiliche Einsatzleiter an Bord. Dieser kümmert sich um die Navigation, den Funk mit anderen Polizeikräften und koordiniert die Zusammenarbeit zwischen Bodenkräften, EOS-Operator und Piloten.
Gereke und sein Team sorgen dafür, dass die zwei EC135 P2 und die zwei McDonnell Douglas (MD) 902 Explorer, alle mit PW200 an Bord, am Standort Hannover 24 Stunden am Tag und sieben Tage die Woche einsatzbereit sind – für Vermisstensuchen, Fahndungen, Aufklärungen, Unterstützung bei Großveranstaltungen oder Trainings- und Fortbildungsflügen. In dem vom LBA zertifizierten Instandsetzungsbetrieb leisten sie Wartungsarbeiten auch am Triebwerk, etwa Reparaturen oder den Austausch von Teilen wie das Wechseln der Treibstoffeinspritzdüsen.
Müssen die PW200-Triebwerke komplett überholt werden, vertrauen die Polizeihubschrauberstaffeln Niedersachen und Bayern ihre Antriebe dem Pratt & Whitney Canada Customer Service Centre Europe, kurz CSC, in Ludwigsfelde an – dem gemeinsamen Unternehmen der MTU Maintenance Berlin-Brandenburg und Pratt & Whitney Canada.
Gewachsene Zusammenarbeit über 20 Jahre
„Wir wissen, dass für unsere Kunden mit Polizei- und Spezialeinsatz die Verfügbarkeit der Hubschrauber und die Einsatzbereitschaft rund um die Uhr von größter Bedeutung sind“, sagt Ismael Rhissa Zakary, seit 1. Juli 2019 der neue Managing Director des CSC. „Wir entwickeln für sie maßgeschneiderte, umfassende Langzeit-Servicelösungen, die nicht nur Wartung und Überholung, sondern auch schnellen On-Wing-Service und die Unterstützung mit Ersatztriebwerken für eine schnelle Wiederinbetriebnahme umfassen. Die Polizei in Bayern und die Polizei in Niedersachsen sind langjährige Kunden unseres Flottenmanagement-Serviceprogramms.“
Zum Teil bestehen die Verträge seit Ende der 1990er Jahre. „Das ist eine gewachsene Zusammenarbeit über 20 Jahre hinweg“, sagt Dr. Philipp Schumacher, Programmmanager Flottenmanagement beim CSC: „Wir setzen alle Triebwerke der Länderpolizeien in Deutschland, die Hubschrauber mit PW200 an Bord betreiben, zuverlässig instand. Während des G7-Gipfels 2015 in Bayern beispielsweise haben wir wichtige Ersatzteile und Triebwerke in der Nähe des Einsatzortes der Polizei bereitgestellt.“
Beim CSC werden die PW200-Triebwerke generalüberholt, das heißt komplett zerlegt und instandgesetzt. Triebwerke sind rund 500 Flugstunden im Jahr im Einsatz. Nach rund 4.000 Flugstunden steht eine Grundüberholung an, also schätzungsweise alle acht Jahre „Wir sind extrem zufrieden mit dem Service und dem PW200“, so Hauschild, „Es ist robust, leistungsstark und zuverlässig.“ Bei aller Begeisterung für die Maschinen und die Technik: „Das Schönste an unserem Job ist der Dienst am Menschen“, sind sich Gereke und Hauschild einig. Es sei stets ein gutes Gefühl, wenn etwa ein Vermisster unversehrt gefunden wird – sei es ein Kind, ein verwirrter Mensch oder eben ein Wanderer in den Bergen.
Polizeihubschrauberstaffel Bayern
Zur Polizeihubschrauberstaffel Bayern gehören insgesamt acht Hubschrauber des Typs Airbus Helicopters H135 mit PW200-Triebwerken. Die Staffel wurde 1970 aufgestellt und hat ihren Sitz am Flughafen München. In der Außenstelle Roth sind drei Hubschrauber stationiert. Die Staffel ist eng mit dem Rettungsdienst und Katastrophenschutz verbunden. Als einzige Hubschrauberstaffel der Landespolizeien leistet sie die Suche nach Vermissten im alpinen Gelände, die Bergrettung sowie Notfalltransporte, auch zur Nachtzeit. Zur Ausstattung gehören unter anderem eine Seilwinde mit einem 50 Meter langen Stahlseilund 230 Kilo Tragkraft, ein Suchgerät zum Auffinden von in Lawinen verschütteten Menschen sowie ein Doppellasthaken für Außenlasttransporte inklusive Außenlöschbehältern, die bei Waldbränden an schwer zugänglichen Orten zum Einsatz kommen. Die Staffel ersetzte ab 2010 alle Eurocopter EC135 P2 durch inzwischen acht H135 (ehemals EC135 P3) mit erhöhtem Abfluggewicht und größerer Reichweite. 2018 absolvierte die Staffel 2.925 Einsätze, davon 953 nachts. 2020 feiert sie ihr 50-jähriges Bestehen.
Polizeihubschrauberstaffel Niedersachsen
Die Polizeihubschrauberstaffel der Polizei Niedersachsen nahm 1971 ihren Betrieb am Flughafen Hannover-Langenhagen auf. Die Teilstaffel in Rastede wurde knapp vier Jahre später gegründet. Aktuell sind zwei Hubschrauber des Typs EC135 P2, angeschafft im Jahr 2015, und zwei des Musters MD 902 Explorer im Einsatz – alle mit PW200-Triebwerken ausgestattet. Die Maschinen in Langenhagen sind 24 Stunden am Tag einsatzbereit. Der Hubschrauber in Rastede startet und landet in der Regel täglich von 6 bis 22 Uhr. 2017 absolvierte die Staffel mehr als 1.600 Einsätze mit über 1.150 Flugstunden.
Luftfahrtabteilung Niederländische Polizei
Die Luftfahrtabteilung der Niederländischen Polizei betreibt unter anderem sechs Hubschrauber vom Typ EC135 P2. Seit 2009 leisteten die PW200-Triebwerke der EC135 P2-Flotte insgesamt rund 70.000 Betriebsstunden. Die Hubschrauber sind vor allem zur Unterstützung bei der Prävention von schwerwiegenden Straftaten und bei der Suche nach vermissten Personen im Einsatz. Die PW200-Triebwerke werden von der Instandhaltungsabteilung der niederländischen Polizei gewartet und vom Pratt & Whitney Canada Customer Service Center Europe (CSC) bei der MTU Maintenance Berlin-Brandenburg repariert und überholt. „In den vergangenen zehn Jahren hat das PW200 hervorragende Leistungsdaten gezeigt und eine hohe Zuverlässigkeit bewiesen“, sagt Ronald Uittenbogaard, Technischer Leiter des Teams Luftfahrtingenieurwesen bei der niederländischen Polizei.