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100 Jahre Pratt & Whitney – MTU als verlässlicher Partner

In diesem Jahr feiert Pratt & Whitney 100-jähriges Bestehen. Seit vielen Jahren Wegbegleiter: die MTU. Bereits 1928 gab es den ersten Lizenzvertrag zwischen den beiden Unternehmen.

Autorin: Eleonore Fähling | 4 Min. Lesezeit veröffentlicht am: 17.06.2025

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Eleonore Fähling gehört seit 2014 zum Redaktionsteam des AEROREPORT und ist seit 1999 verantwortlich für die MTU-Mitarbeiterzeitung. Zu ihren luftfahrtjournalistischen Schwerpunkten gehören Luftfahrtgeschichte und Branchenthemen.

Wenn im Jahr 1927 ein deutsches Unternehmen mit einer amerikanischen Firma ein Geschäft einfädeln wollte, stiegen die Manager dafür nicht einfach in einen Flieger. Der erste Nonstop-Transatlantikflug war gerade erst gelungen, an Passagierflüge auf dieser Strecke war noch gar nicht zu denken. Einen Lizenzvertrag auszuhandeln und von beiden Seiten unterschreiben zu lassen, bedeutete mehrfache Fahrten über den Atlantik mit dem Dampfschiff. Die Reisedauer einfach: rund drei Wochen. Im Jahr 1927 müssen dies Vertreter von Pratt & Whitney, Hartford/Connecticut, und der Bayerischen Motoren-Werke AG, München/Bayern, mehrfach auf sich genommen haben. Kein Geringerer als Max Friz selbst, legendärer Chefkonstrukteur von BMW, trieb die Verhandlungen maßgeblich voran.

Lizenzvertrag, ausgefertigt am 3. Januar 1928

Tatsächlich gab es einen Lizenzvertrag zwischen den beiden Unternehmen, nach der Type zu urteilen auf einer amerikanischen Schreibmaschine erstellt, mit vier Unterschriften und dem Stempel der BMW AG in Frakturschrift, ausgefertigt am 3. Januar 1928. Damit begann bereits die gemeinsame Geschichte von Pratt & Whitney und der heutigen MTU, Rechtsnachfolgerin der 1934 ausgegründeten BMW Flugmotorenbau GmbH. BMW wollte moderne, luftgekühlte Flugmotoren bauen und erwarb von Pratt & Whitney die Europa-Lizenz für den Nachbau der Sternflugmotoren „Wasp“ und „Hornet“. Die berühmte Junkers Ju-52 flog mit davon abgeleiteten BMW 132-Motoren.

Anlässlich der Vertragsunterzeichnung stellten sich Vertreter der beiden Unternehmen hinter einem Hornet-Motor auf.

Vom Abgasgehäuse zur Niederdruckturbine

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Das JT8D-Triebwerk gilt als äußerst zuverlässig und langlebig – über 673 Millionen Flugstunden und mehr als 14.750 ausgelieferte Exemplare belegen seinen Erfolg.

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Erstlauf des PW2000 am 4. Dezember 1981 bei Pratt & Whitney in East Hartford/CT.

Einen Weltkrieg und einige Jahrzehnte später begann die Zusammenarbeit erneut. 1971 beauftragte der damalige US-amerikanische Weltmarktführer Pratt & Whitney (P&W) die MTU mit Entwicklung und Bau eines lärmreduzierenden Abgasgehäuses für eine schubgesteigerte Version seines Dauerbrenners JT8D. Über die Fertigung hätten zuvor schon Kontakte zu P&W bestanden, berichtete der langjährige MTU-Entwicklungsleiter Ludwig Schweikl, der das Gehäuse mit seinem Team konstruierte. Die MTU-Ingenieure und ihre Leistungen überzeugten, die transatlantische Zusammenarbeit bewährte sich. 1973 wurde eine Beteiligung am JT8D-Nachfolgeprogramm beschlossen. Noch im gleichen Jahr erhielt die MTU den Auftrag für die Entwicklung einer neuen Niederdruckturbine für das Projekt JT10D. Unter dem Namen PW2000 und mit einem MTU-Anteil von 21,2 Prozent absolvierte es am 4. Dezember 1981 seinen Erstlauf. Als Risk- and Revenue-Share-Partner wurde die MTU hier erstmals auch nicht nur für geleistete Arbeit bezahlt, sondern war am Gewinn, aber auch am Risiko beteiligt.

Beim PW2000 hatte die MTU erstmals Design-Verantwortung für ein komplettes Modul – und entwickelte ihre Kompetenzen weiter. Denn die technische Neuerung der Niederdruckturbine war die aktive Spaltkontrolle: Das Turbinengehäuse wird gekühlt, wodurch die Unterschiede in der Wärmeausdehnung der Komponenten ausgeglichen und damit der Wirkungsgrad des Moduls erhöht wird. Die Idee dazu hatte Pratt & Whitney, die Umsetzung übernahm die MTU. Heute ist das Feature Standard im Triebwerksbau.

Kerntriebwerk und Netzwerkpartner

Konsequenterweise war die MTU in den 1990er Jahren auch an der Entwicklung des PW6000 wieder beteiligt, das zunächst exklusiv als Antrieb für die Airbus A318, das kleinste Mitglied der A320-Familie, geplant war. Weder Flugzeug noch Triebwerk wurden letztlich zum kommerziellen Erfolg. Die Produktion endete 2013, der Flugbetrieb 2019. Doch für die MTU war das Programm buchstäblich bahnbrechend: Der so genannte HDV12, ein bei der MTU entwickeltes Verdichter-Rig, mit dem technische Entwicklungen getestet wurden, passte perfekt ins PW6000. Der sechsstufige Hochdruckverdichter bekam den Vorzug vor P&Ws eigenem HDV und der MTU gelang der Einstieg in ein ziviles Kerntriebwerk. Das PW6000 diente zudem als Basis für einen Getriebefan-Demonstrator, den P&W und die MTU ab 2006 gemeinsam entwickelten – als Grundlage für die Getriebefan-Triebwerksfamilie, deren Entwicklung 2008 begann.

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Instrumentierungsarbeiten am HDV12.

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Triebwerk PW6000 auf dem Prüfstand der MTU Aero Engines.

Fly-by-Hour

Bei einem Fly-by-Hour-Vertrag bezahlt die Airline oder der Leasinggeber, der ein Triebwerk erwirbt, nicht einen festen Kaufpreis, sondern für geflogene Flugstunden. Der Triebwerkshersteller verdient demnach mehr, je weniger das Triebwerk zur Überholung im Shop ist. Überholungen und Reparaturen finden in eigenen Shops des Herstellers statt beziehungsweise in seinen Netzwerk-Shops. Bei den GTF-Triebwerken gehört die MTU Maintenance zum MRO-Netzwerk von Pratt & Whitney.

„Beim PW6000 gab es mit dem geplanten PW8000-GTF, der später eingestellt wurde, erstmals ein Familienkonzept“, erklärte der damalige technische Programmleiter Dr. Günter Wilfert 2012 in der MTU-Mitarbeiterzeitung „contact“. Die Idee wurde bei der GTFTM Triebwerksfamilie und dem PW800 wieder aufgegriffen: Die Triebwerke der PurePower-Familie, wie sie zeitweise hieß, haben einen gemeinsamen Kern, „aus dem wir verschiedene Anwendungen ableiten, ob konventionell oder mit Getriebe“, so Wilfert. Auch im Aftermarket-Geschäft ging man beim PW6000 erstmals neue, gemeinsame Wege: „Die MTU war am Aftermarket-Geschäft, insbesondere den langfristigen Instandhaltungsverträgen (Fly-by-Hour) von Anfang an beteiligt und aktiv im Pratt & Whitney MRO-Netzwerk tätig“, sagte Robert Salminger, damals wie heute im Team Aftermarket and Customer Support bei der MTU. Nicht zuletzt überantwortete P&W beim PW6000 der MTU erstmals wichtige Zulassungstests und die komplette Endmontage – auch das hat sich bewährt und wiederholt sich bei der GTF-Familie.

Wie aus einer anfänglichen Zusammenarbeit eine Partnerschaft auf Augenhöhe entstand – geprägt durch die äußerst erfolgreichen Triebwerksprogramme V2500 und die Pratt & Whitney GTF™-Triebwerksfamilie – erfahren Sie im nächsten Artikel.

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