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Löschflugzeuge und Helikopter: Die fliegende Feuerwehr
Mit Flugzeugen und Helikoptern können Waldbrände schnell und effektiv bekämpft werden. Je nach geographischen Gegebenheiten kommen verschiedene Modelle zum Einsatz. Eine Übersicht.
08.2020 | Autor Denis Dilba | 7 Min. Lesezeit
Autor
Denis Dilba
studierte Mechatronik, besuchte die Deutsche Journalistenschule und gründete das digitale Wissenschaftsmagazin Substanz. Er schreibt über verschiedenste Themen aus Technik und Wissenschaft.
Löschflugzeuge über Australien, dem Amazonas-Regenwald, Indonesien, Kalifornien und der Arktis – immer wieder dominierten im vergangenen Jahr die Bilder von verheerenden Waldbränden die Nachrichten. Über 4,5 Millionen Feuer, die größer als einen Quadratkilometer waren, zählte die Online-Plattform Global Forest Watch Fires für 2019, 400.000 mehr Waldbrände als im Vorjahr.
Auch wenn die Zahl 2004 schon mal bei gut fünf Millionen Bränden dieser Größe lag und grundsätzlich schwankt, ist klar, dass das Waldbrandrisiko global stetig zunimmt: „Durch den Klimawandel werden extreme Wetterlagen häufiger auftreten und damit auch zu extremeren Feuersituationen führen: Die Waldbrände haben durch zunehmende Trockenheit immer mehr Brennmaterial, sie werden heißer, größer, intensiver – und immer schwieriger zu löschen“, sagt Alexander Held, Waldbrand-Experte am European Forest Institute in Bonn. Dazu kommt, dass in dichtbesiedelten und bebauten Ländern wie Deutschland auch kleinere Waldbrände reichen, um viel Chaos und Schaden anzurichten, so der Fachmann.
Übersicht Brände weltweit: Satellitenaufnahmen der NASA zeigen, wo es auf der Welt aktuell brennt: Jedes rote Pünktchen steht für ein Feuer: Auf der Feuer-Weltkarte der NASA erkennt man, dass derzeit weite Teile Zentral- und Ostafrikas knallrot sind. Es entsteht der Eindruck, ein Teil Afrikas stünde in Flammen. Allerdings sind die Punkte durch den Zoom nicht maßstabsgetreu, sondern zeigen sehr viele kleinere Feuer an. Die Brandherde bringen jedoch dort nicht nur Tod und Verwüstung, sondern sind das Lebenselixier der afrikanischen Savannen.
firms.modaps.eosdis.nasa.gov/map
Löschflugzeuge für einen möglichst schnellen und effektiven Erstangriff
Wichtig sei es daher, möglichst schnell nach einem Waldbrandausbruch vor Ort zu sein, wenn die Feuer noch klein sind, seien die Löschmaßnahmen besonders effektiv, sagt Held. Wo das möglich ist, sollte das vom Boden aus geschehen. „In schwerer zugänglichen Gebieten, oder bei extremer Waldbrandgefahr, sind Löschflugzeuge aber die einzige Möglichkeit zum wirklich schnellen Erstangriff.“ Um schnell am Brandherd sein zu können, stehen die Maschinen am besten schon startbereit auf dem Rollfeld – oder sind noch besser schon auf Patrouillenflügen in der Luft. In den klassischen Waldbrandregionen Südeuropas wird das schon lange so gehandhabt. Wegen des auch hierzulande steigenden Waldbrandrisikos fordert Mike Goldhahn, Chef der Deutschen Löschflugzeug Rettungsstaffel DLFR, dass auch Deutschland Maschinen anschafft. „Insbesondere auch für die vielen munitionsbelasteten Flächen, allen voran in Brandenburg“, sagt Goldhahn. Anfangen könnte man mit drei Flugzeugen, „die und drei Piloten braucht man, um während der Saison ständig zwei Löschflugzeuge einsatzbereit zu halten.“ Langfristig halte er sechs bis acht Maschinen für sinnvoll.
„In schwerer zugänglichen Gebieten, oder bei extremer Waldbrandgefahr, sind Löschflugzeuge aber die einzige Möglichkeit zum wirklich schnellen Erstangriff.“
Auch Alexander Held kann sich Löschflugzeuge in Deutschland vorstellen: „Da meine ich aber kleine Maschinen wie etwa den Air Tractor 802 – und nicht die großen Canadair-Amphibienflugzeuge, die in Südeuropa fliegen.“ Letztere arbeiten am effizientesten auf großen freien Wasserflächen, die es in Deutschland zu wenig gibt. Zudem sind die Canadair-Maschinen deutlich teurer als kleinere Löschflugzeuge. Auch Goldhahn setzt daher auf kleine Löschflugzeuge. Für alle Flugzeugtypen und auch Helikopter im Löscheinsatz benötigt man aber in jedem Fall erfahrene Piloten: Über den Bränden ist mit Turbulenzen zu rechnen, oft ist die Sicht durch Rauch schlecht. Dazu muss das Flugzeug beim Abwurf des oft tonnenschweren Löschwassers in stabiler Fluglage gehalten werden. Besonders herausfordernd ist bei den Amphibienlöschflugzeugen die Wasseraufnahme während des Flugs: Der Pilot muss mit Wellengang, wechselnden Winden und Hindernissen auf der Wasseroberfläche rechnen.
Dazu kommt eine hohe Anspannung über mehrere Stunden, denn anders als etwa bei einem Linienflug werden Löscheinsätze ohne Autopiloten geflogen. Die Piloten steuern nach Sicht und beim Flug mit Kontakt zur Wasseroberfläche auch ohne Hilfe der Informationen eines Towers. Dem über dem Feuer abgelassenen Wasser sind dabei oft chemische Zusätze beigemischt. Das erfolgt mit speziellen Mischapparaturen in den Löschmitteltanks oder -außenbehältern zum Teil auch in der Luft. Die Stoffe machen das Wasser gelartig, wodurch es besser an Bäumen und Büschen haften bleibt und sie effektiver vor den Flammen schützt. Löschschäume zur Waldbrandbekämpfung hingegen werden in der Regel vom Boden aus eingesetzt. Zusätzlich ins Wasser eingebrachte Farbe – in der Regel rot – hilft den Piloten zu erkennen, wo sie bereits waren.
Ohne Feuermanagement am Boden nutzen Löscheinsätze aus der Luft wenig
„In Deutschland braucht man für solche Löscheinsätze aus der Luft die sogenannte Sprühberechtigung“, erklärt Goldhahn. Die Lizenz gilt für Flugzeuge und auch für Löschhubschrauber. Letztere können Wasser mit sogenannten Löschwasser-Außenbehältern auch flexibel in kleineren nicht anderweitig genutzten Seen aufnehmen und es dann punktgenau an für Flugzeuge unzugänglichen Gebieten wie einer Hanglage in einem engen Tal ablassen. Dazu müssen die Hubschrauber mit speziellen Außenlasthaken ausgestattet und idealerweise zusätzlich im Eigengewicht abgespeckt sein. Sonst können die Maschinen weniger oder gar kein Löschwasser aufnehmen. Feuerwehrexperten mahnen daher immer wieder an, während der Waldbrandsaison mehr große Helikopter wie etwa die Transportmaschine Sikorsky CH-53 der Bundeswehr einsatzbereit zu halten. Sie können im Vergleich mit einem kleinen Polizeihubschrauber mit 5.000 Litern die zehnfache Menge Löschwasser aufnehmen.
Löschhubschrauber und auch -flugzeuge alleine reichen aber zum Löschen eines Waldbrandes in der Regel nicht aus. „Entscheidend ist, dass wir zuallererst unsere Hausaufgaben im Feuermanagement am Boden erledigen“, sagt Alexander Held. Die Waldbrandbekämpfung aus der Luft kann nicht viel ausrichten, wenn wir keine gut ausgerüsteten und ausgebildeten Feuerwehrleute für den Waldbrandeinsatz haben und der präventive Brandschutz in den Wäldern vernachlässigt wird.“
Übersicht der verschiedenen Modelle:
Global Supertanker
Weltweit sind verschiedene Löschflugzeuge im Einsatz – das größte von allen, der Global Supertanker, ist eine umgebaute Boeing 747-400. Die in den USA stationierte Maschine wird für Großbrände angefragt, wie etwa dem im Amazonas-Regenwald 2019. Ihre 72.680 Liter Löschwasser wirft der Lösch-Jumbo aus Höhen von 60 bis 90 Metern über dem Waldbrand und bei einer Geschwindigkeit von 278 km/h ab. Dabei können die Piloten wählen, ob sie das Wasser kontinuierlich oder in mehreren Intervallen ins Feuer regnen lassen. Der Supertanker braucht für seine Einsätze Flughäfen mit mindestens zwei Kilometer langer Start- und Landebahn.
Canadair CL 215 und CL 415
Die wohl bekanntesten Löschflugzeuge der Welt sind die Canadair CL 215 und ihr neueres Schwestermodell CL 415. Ersteres wurde von dem kanadischen Hersteller Canadair entwickelt, der ab 1986 in Bombardier Aerospace aufging. 2016 wurde die Löschflugzeugsparte an das kanadische Unternehmen Viking Air verkauft. Angetrieben von zwei Pratt & Whitney-Propellerturbinen können die Amphibienflugzeuge im Überflug über die Wasseroberfläche Löschwasser aufnehmen. Die CL 415 benötigt für 6.137 Liter zwölf Sekunden und rund 400 Meter Strecke. Die typischerweise gelben Maschinen sind besonders bei Ländern mit großen und freien Wasserflächen und waldbrandgefährdeten Küstengebieten beliebt.
Air Tractor AT-802F
Die kleine Air Tractor AT-802F des gleichnamigen US-Herstellers gilt als effizientestes und vielseitigstes Löschflugzeug am Markt. Die AT-802F kann 3.100 Liter Löschwasser aufnehmen – verglichen mit ihrer Größe überproportional viel. Dazu startet und landet das robuste Einpropeller-Flugzeug auch auf Schotter- und Graspisten. Wegen ihrer kleineren Abmessungen und dadurch besseren Manövrierfähigkeit kann die AT-802F auch in engen Tälern operieren. Ähnliche Qualitäten hat auch die PZL M18 Dromader des polnischen Herstellers PZL – ein Eindecker mit Air-Tractor-ähnlichen Dimensionen und 2.200 Litern Löschwasserzuladung.
Helikopter im Löscheinsatz
In Deutschland kommen bei Waldbränden aktuell ausschließlich Helikopter zum Einsatz. Sie sind dazu mit Löschwasser-Außenbehältern verschiedener Größe ausgestattet. Kleinere Helikopter, wie der Airbus Helicopters H135, tragen rund 500 Liter, größere, wie die Airbus Super Puma der Bundespolizei, oder die sehr große Sikorsky CH-53 der Bundeswehr, 2.000 beziehungsweise 5.000 Liter. Mit Hubschraubern sind punktgenaue Löschwasserabwürfe und Transporte von Ausrüstung und Mannschaft in jedem Gelände möglich. Da die Feuerwehr in Deutschland selbst keine Maschinen unterhält, muss sie bei Waldbränden die Polizei oder die Bundeswehr anfragen.
Drohnen gegen Waldbrände
Ausgestattet mit Wärmebildsensoren kommen Drohnen zunehmend zur Früherkennung bei Waldbränden zum Einsatz. In Brandenburg wird die Technik bereits getestet. Die Bilder aus der Luft und Daten über die Temperatur erleichtern es den Einsatzkräften am Boden zu entscheiden, wo sie welche Kräfte positionieren müssen. Das britische Start-up Faradair Aerospace arbeitet nach eigenen Angaben sogar an einer großen Löschdrohne. Beha M1-AT hat nach Faradair-Angaben eine Spannweite von elf Metern sowie eine Nutzlast von zehn Tonnen und soll Waldbrände völlig autonom bekämpfen können. Testflüge werden dem Unternehmen nach bereits durchgeführt.