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Boeing 747: Die Königin der Lüfte

Der berühmte Jumbo Jet mit dem Oberdeck-Buckel wird auf immer eine Ikone der Luftfahrt bleiben. Der wegweisende Riese hat das Fliegen demokratisiert, ein Erfolg der bleibt.

Autor: Andreas Spaeth | 5 Min. Lesezeit veröffentlicht am: 16.10.2025

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Andreas Spaeth ist seit über 25 Jahren als freier Luftfahrtjournalist in aller Welt unterwegs, um Airlines und Flughäfen zu besuchen und über sie zu berichten. Bei aktuellen Anlässen ist er ein gefragter Interviewpartner in Hörfunk und Fernsehen.

AEROREPORT-Serie: Ikonen der Luftfahrt

Die Königin der Lüfte mit ihrem markanten Oberdeck-Buckel ist neben der Concorde wohl die größte Ikone unter den Verkehrsflugzeugen. Der „Vater der 747“, Joe Sutter, und sein Ingenieurteam, die „Incredibles“ bei Boeing, haben mit den vergleichsweise einfachen Mitteln der Sechzigerjahre Unmögliches möglich gemacht. Ein Flugzeug dieser gigantischen Größe in nur vier Jahren zu entwickeln, gilt bis heute als eine der größten Errungenschaften der zivilen Luftfahrt. Mit ihrem enormen Platzangebot demokratisierte die Boeing 747 das Fliegen: Dank der vielen Sitze sanken die Ticketpreise, und Flugreisen wurden erstmals für breite Bevölkerungsschichten erschwinglich.

Plötzlich wurden Flüge wie alltägliche Konsumgüter angeboten – ermöglicht durch die große Kapazität der 747. Gleichzeitig lockten die Airlines zahlungskräftige Premiumkunden mit ungeahntem Luxus, vor allem anfangs in die pompös ausgestatteten Oberdeck-Lounges der First Class. Doch die ersten Betreiber, insbesondere die großen US-Inlandsgesellschaften, hatten Anfang der Siebzigerjahre enorme Schwierigkeiten, ihre Jumbos mit genügend profitablen Passagieren zu füllen.

Als die Boeing 747 ab 1970 in den Passagierdienst ging, war sie im Vergleich zu allen Vorgängern schlicht gigantisch. Nie zuvor und nie danach gab es einen solchen Quantensprung in der Luftfahrt. Während die Boeing 707 rund 180 Passagiere beförderte, bot der Jumbo plötzlich Platz für fast 500 Menschen – eine damals unvorstellbare Dimension, die auch neue Herausforderungen bei der Abfertigung mit sich brachte.

Kaum ein Flugzeug wurde vom Publikum so geliebt wie die charakteristische 747. Und mit der Boeing 747-8 als künftige Air Force One wird sie noch bis in die 2040er Jahre den US-Präsidenten oder die Präsidentin begleiten. Auch nach Produktionsende 2023 und ihrem allmählichen Verschwinden aus dem Linienverkehr wird diese fliegende Ikone also nicht in Vergessenheit geraten.

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Silbrig glänzt die Aluminium-Beplankung des 747-Mock-Ups Ende 1966, das erstmals die tatsächliche Dimension dieses Riesen erkennen lässt.

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Anfang 1970 gingen die ersten Boeing 747 an die amerikanischen Großkunden und Erstbetreiber Pan Am und TWA.

Boeing 747 – Zahlen, Daten, Fakten

  • Der Entwurf der 747 ging auf eine Ausschreibung der US Air Force für ein neues Großraum-Transportflugzeug zurück. Deshalb wurde das Cockpit über dem Hauptdeck platziert, um eine Beladung über die Klappnase zu ermöglichen. Zwar verlor Boeing den Auftrag an Lockheed mit der C-5 Galaxy, schloss aber mit Pan Am per Handschlag eine Vereinbarung über den Bau eines darauf basierenden Passagierflugzeugs.

  • Das 1966 neu errichtete Boeing-Werk in Everett bei Seattle, in dem die 747 gebaut wurde, war damals nach Volumen das größte Gebäude der Welt – und steht heute noch auf Platz zwei.

  • Am 26. April 1971 schrieb der damals kleine deutsche Ferienflieger Condor Luftfahrtgeschichte: Er setzte erstmals die Boeing 747 auf Charterflügen ein – anfangs mit 470 Economy-Sitzen in einer Einheitsklasse, der höchsten Bestuhlung aller 747 zu jener Zeit.

  • Wichtige Änderungen am ursprünglichen Rumpfdesign waren die um über 14 Meter verkürzte 747SP mit erhöhter Reichweite sowie das erstmals bei der 747-300 verlängerte Oberdeck. Die finale Version, die 747-8, wurde gegenüber dem Standardrumpf um fast sechs Meter verlängert – ebenso das Oberdeck.

  • Zwei der ungewöhnlichsten 747-Varianten waren für den Transport übergroßer Fracht ausgelegt: Zwei 747-100 wurden zu Shuttle Carrier Aircraft umgebaut, die bis 2011 den Raumgleiter Space Shuttle transportierten. Vier zu Großraumfrachtern umgerüstete 747-400 befördern seit 2006 Rumpfsegmente der Boeing 787 zwischen den Werken.

  • Die Kurzstreckenversion 747-400D, entwickelt für den japanischen Inlandsverkehr, bot Platz für bis zu 624 Passagiere – die höchste Kapazität aller 747-Varianten.

Boeing 747

Boeing 747

Typ:
Vierstrahliges Großraumflugzeug
Hersteller/Herkunft:
Boeing Commercial Airplanes, Seattle/USA
Erstflug:
9. Februar 1969
Indienststellung:
22. Januar 1970 bei Pan Am
Produktionszeit:
1968–2023
Anzahl gebaut:
1.574
Länge:
76,30 Meter (747-8I)
Spannweite:
68,40 Meter (747-8I)
Reichweite:
14.815 Kilometer (747-8I)
Reisegeschwindigkeit:
Mach 0,855 (747-8I)
Sitze (typisch/maximal):
605/467 (747-8I)

Das Triebwerk der Boeing 747: GEnx

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Seit ihrer Einführung im Jahr 1970 wurde die Boeing 747 mit mehreren Triebwerksvarianten betrieben, je nach Modell und Kundenwunsch. Die frühen Versionen – 747-100, -200 und -300 – waren unter anderem mit dem Pratt & Whitney JT9D, dem Rolls-Royce RB211 sowie dem General Electric CF6 ausgerüstet.

Die jüngste und technologisch fortschrittlichste Version, die Boeing 747-8, setzt ausschließlich auf das GEnx-2B von GE. Es ist als Nachfolger des äußerst erfolgreichen CF6 konzipiert, dem meistverkauften Triebwerk für Großraumflugzeuge. Durch den Einsatz neuester Materialien und Designverfahren konnten das Gewicht und die Lärmemissionen reduziert sowie die Instandhaltungskosten gesenkt und zugleich die Leistung erhöht werden.

Die MTU ist als Risk-and-Revenue-Sharing-Partner mit einem Anteil von 6,7 Prozent am GEnx-Programm beteiligt. Sie trägt die Verantwortung für die Entwicklung, Fertigung und Montage des Turbinenzwischengehäuses. Die MTU kann dabei auf ihre Erfahrungen mit dem Turbinenzwischengehäuse für das GP7000 zurückgreifen, das seine Zuverlässigkeit unter Beweis gestellt hat. Gemäß der MTU-Beteiligung am Programm ist die MTU Maintenance zudem für die Instandhaltung dieser Turbinenzwischengehäuse zuständig.

GEnx-2B

GEnx-2B

Typ:
Zweiwellen-Zweistromtriebwerk
Max. Schub:
66.500 lbf
Nebenstromverhältnis (Start):
8,0
Fan-Durchmesser:
2,66 m
MTU-Kompetenzen:
Entwicklung, Fertigung und Montage des Turbinenzwischengehäuses und Instandsetzung des Turbinenzwischengehäuses durch die MTU Maintenance Hannover.

Luftfahrtjournalist Andreas Spaeth erinnert sich



„Vor allem aber bekam ich hier endlich ein Gefühl dafür, wie es sich drinnen anfühlt, wenn wie in allen frühen 747 auf jeder Seite des Oberdecks nur je drei Fenster vorhanden sind. Das wurde ab 1972 in je zehn Fenster geändert.“

Andreas Spaeth

Luftfahrtjournalist

Das Auffälligste am Jumbo ist sein Oberdeck-Buckel. Im Laufe der Jahre habe ich hier oben die unterschiedlichsten Kabinen erlebt; meist befinden sich in der 747-400 und 747-8I dort Business-Class-Sitze. Die Fensterplätze schätze ich besonders, weil man hier dank des ovalen Rumpfquerschnitts einen geräumigen Staukasten unter den Fenstern hat. Er bietet Platz für alles – von Schuhen bis Zeitungen – und eignet sich perfekt als Ablage, manchmal sogar für die Füße. Mein größtes Aha-Erlebnis im Oberdeck hatte ich allerdings im Museum of Flight in Seattle.

Dort steht der 747-Prototyp von 1969, das Oberdeck (im Gegensatz zum Hauptdeck nicht öffentlich zugänglich, ich durfte aber hinauf) ist original eingerichtet als Salon und mit bunten Stoffmustern der Zeit. Vor allem aber bekam ich hier endlich ein Gefühl dafür, wie es sich drinnen anfühlt, wenn wie in allen frühen 747 auf jeder Seite des Oberdecks nur je drei Fenster vorhanden sind. Das wurde ab 1972 in je zehn Fenster geändert. Auch spannend: Der Prototyp verfügt im Heck über eine Station für Luftbetankung, als Option für spätere militärische Varianten.

Einer meiner ungewöhnlichsten 747-Flüge fand ausschließlich im Oberdeck statt: in einem Boeing 747-200F Frachter von Lufthansa Cargo, kurz vor der Ausmusterung dieses Typs Ende 2004. Die Strecke führte von Frankfurt nach Dakar und zurück. Wir saßen auf alten First-Class-Sesseln, ohne Trennwand zum Cockpit – man konnte den Piloten zusehen und sich dabei entspannt zurücklehnen. Wer Hunger oder Durst hatte, bediente sich selbst in der kleinen Bordküche. Unvergesslich.

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