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40 Jahre und kein Ende: Das V2500-Triebwerk feiert Jubiläum
40 Jahre: Das IAE-Konsortium feiert in diesem Jahr mit dem V2500-Triebwerk eines der erfolgreichsten Triebwerksprogramme.
10.2023 | Autor: Thorsten Rienth | 3 Min. Lesezeit
Autor:
Thorsten Rienth
schreibt als freier Journalist für den AEROREPORT. Seine technikjournalistischen Schwerpunkte liegen neben der Luft- und Raumfahrtbranche im Bahnverkehr und dem Transportwesen.
„Einfach schnell drüben in den USA anrufen oder mal eben eine Videokonferenz mit Japan aufsetzen, das war vor 40 Jahren noch gar nicht erfunden“, schmunzelt Klaus Diederichs, heute zweiter Vorstand des MTU-Museums-Fördervereins Freunde der MTU-Triebwerkstechnik. Der Ingenieur erinnert sich deshalb so genau, weil er zu den ersten MTUler:innen gehört, die nach der Gründung des International Aero Engines-Konsortiums (IAE) im Jahr 1983 in dessen Zentrale arbeiteten.
Dort in Hartford im US-Bundesstaat Connecticut herrscht regelrechte Aufbruchsstimmung. „Ein Gemeinschaftsunternehmen, das sich mit fünf Nationen auf drei Kontinenten zur Entwicklung und Produktion eines neuen Kurz- und Mittelstreckentriebwerks zusammengeschlossen hat, das war schon eine ganz außerordentliche Sache“, erzählt Diederichs.
Auf Aufbruchstimmung folgt Ernüchterung – aber dann platzt der IAE-Knoten
Die ersten Jahre verlangten Durchhaltevermögen. Im Jahr 1988 zertifiziert geht das erste V2500-A1 ein Jahr später an einem Airbus von Adria Airways in Dienst. „In meine Zuständigkeit fiel vor allem die MTU-Niederdruckturbine. Da ging es viel um Kostenthemen und Lieferfähigkeiten,“ erinnert sich Diederichs. Zum Glück: Denn bei anderen Modulen waren die Vertreter:innen der Partnerunternehmen vor allem mit der Heilung sogenannter Kinderkrankheiten beschäftigt.
So richtig platzt der IAE-Knoten erst mit der V2500-Entscheidung von United Airlines im Jahr 1991. 100 neue Flugzeuge aus der A320-Familie bestellt die Airline. Wenig später wählt die Lufthansa das Triebwerk für ihre neuen Airbus A321 aus. Von da an steht dem Triebwerk die Luftfahrtwelt offen gegenüber. 135 Millionen Flüge mit gut 255 Millionen Flugstunden absolvierten die V2500-Triebwerke seit dem Erstflug im Jahr 1986, knapp 16 Millionen Flugstunden werden im Jahresverlauf 2023 hinzukommen. Mehr als 2.300 Jets starten, fliegen und landen derzeit bei über 160 Airlines damit. Alle zehn Sekunden hebt irgendwo auf der Welt ein Flugzeug mit dem Antrieb ab.
Als alles begann: 1986 fand die Erprobung der ersten V2500-Triebwerke auf den Prüfständen der Shareholder statt.
MTUler:innen, die noch nie irgendwie mit der „V“ zu tun hatten, gibt es kaum
Ohne die „V“, wie sie MTU-Kolleg:innen untereinander liebevoll abkürzen, hätte es einen guten Teil des Wachstums der vergangenen beiden Jahrzehnte kaum gegeben: Das Unternehmen ist mit 16 Prozent Programmanteil für die Entwicklung von Niederdruckturbine (NDT), Gehäuse sowie Anbaugeräte und Externals verantwortlich. Dazu kommt die Fertigung des NDT-Bauteilspektrums sowie des Gehäuses.
Vier V2500-Varianten gibt es mittlerweile. Die A1 und A5 für den Airbus A320, je eine leistungsgesteigerte und gedrosselte A5 für den Airbus A321 und den Airbus A319, die -D5 für die McDonnell Douglas MD-90 sowie die -E5 für den Militärtransporter Embraer C-390, die erst vor wenigen Jahren in die Serie gegangen ist. Und einen weiteren wichtigen Meilenstein erreicht das Triebwerk aktuell: Am MTU-Standort in Hannover wird aktuell die Beimischung von 10 Prozent Sustainable Aviation Fuels (SAF) getestet, die Triebwerksexpert:innen halten sogar 100 Prozent für möglich.
Shop Visit: 30 Prozent der 5.286 Triebwerke im Einsatz haben ihren ersten vorgesehen Shop Visit noch vor sich.
Das V2500 in Zahlen
500.000 Menschen fliegen täglich mit einem Flugzeug mit V2500-Antrieb.
5.286 V2500-Triebwerke sind derzeit weltweit im Einsatz.
135 Millionen Flüge haben V2500-Triebwerke seit dem Erstflug im Jahr 1986 absolviert. Das entspricht mehr als
255 Millionen Flugstunden.
50 % beträgt ungefähr der Marktanteil des V2500 bei Narrowbody-Flugzeugen.
Alle 10 Sekunden hebt irgendwo auf der Welt ein Flugzeug mit V2500-Antrieb ab.
Die Fertigung ihrer Komponenten bündelt die MTU heute hauptsächlich an ihren Standorten in München und Rzeszów, die Montage der Niederdruckturbine fand zu Beginn bei der MTU Maintenance Berlin-Brandenburg statt. Die Instandhaltung, teils im Auftrag der IAE, teils direkt für Airlines, erfolgt an den MTU-Standorten Hannover, Vancouver und Zhuhai. Nova Pazova in Serbien und Kota Damansara in Malaysia sind in der Teilereparatur an Bord. Natürlich hat auch die MTU Maintenance Lease Services sie im Portfolio. MTUler:innen, die noch nie irgendwie mit dem V2500 zu tun hatten? Dürfte es kaum geben.
Dabei hat das Programm im IAE-Jubiläumsjahr gerade erst den Höhepunkt seiner Wirtschaftlichkeit erreicht. „Vor allem zwischen 2014 bis 2017 hat die IAE bis zu 500 Triebwerke im Jahr ausgeliefert“, sagt Reiner Wenig, Leiter Business and Operations für die V2500-NDT. „Die fliegende Flotte ist daher noch vergleichsweise jung: Von den aktuell knapp 5.300 Triebwerken im Einsatz haben etwa 30 Prozent noch nicht einmal ihren nach sieben Betriebsjahren vorgesehenen ersten Shop Visit gesehen.“ Gleichzeitig sind noch zahlreiche ältere Triebwerke im Einsatz. „Der Bedarf an Ersatzteilen bleibt also hoch“, schlussfolgert Wenig.
Die unterschiedlichen Unternehmen und Kulturen, die damals in den frühen 1980er Jahren der IAE beitraten, hätten eine Schwäche sein können. Doch genau darin könnte auch das Erfolgsgeheimnis liegen. Eines der erfolgreichsten Triebwerke der zivilen Luftfahrtgeschichte zu produzieren, so viel ist klar, wird der IAE niemand mehr nehmen können.
V2500: Vier V2500-Varianten gibt es mittlerweile. Die A1 und A5 für den Airbus A320, die -D5 für die McDonnell Douglas MD-90 sowie die -E5 für den Militärtrans-porter Embraer C-390.