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Kurz erklärt: So funktioniert die Flying Fuel Cell™

Die FFC erzeugt weder CO2- und NOx-Emissionen noch Partikel. Emittiert wird lediglich Wasser. Damit ist dieses Antriebskonzept nahezu emissionsfrei.

06.2022 | Autorin: Isabel Henrich | 3 Min. Lesezeit

Autorin:
Isabel Henrich ist studierte Politologin und Kommunikationswissenschaftlerin. Bei der MTU steuert sie den redaktionellen Prozess des AEROREPORTs und ist zuständig für die Konzeption und Entwicklung der Inhalte.

Was ist die Flying Fuel Cell™?

Die Flying Fuel Cell™ (FFC) ist das Brennstoffzellen-Antriebskonzept der MTU. In einer Brennstoffzelle reagieren Wasserstoff und Sauerstoff aus der Luft unter Abgabe elektrischer Energie – es entsteht Wasser. Mit der gewonnenen elektrischen Energie treibt ein hocheffizienter Elektromotor über ein Getriebe den Propeller an.

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Was sind die Vorteile der FFC?

Mit diesem Antriebssystem werden weder CO2- und NOx-Emissionen noch Partikel erzeugt; lediglich Wasser bleibt als Emission übrig. Mit bis zu 95 Prozent reduziert die FFC die Klimawirkung damit nahezu auf null. Auch werden erhebliche Lärmreduktionen erreicht, da der Propeller als einzige verbleibende Lärmquelle bleibt.

Der Kern des Systems sind die Brennstoffzellen Stapel – im Englischen „Stacks“ genannt. Durch den elektrochemischen Umsatz von Wasserstoff in Strom wird ein hoher Wirkungsgrad erreicht. Die elektrochemische Reaktion findet außerdem unter deutlich kühleren Bedingungen statt als die herkömmliche Verbrennung. Dieser Umstand verdeutlicht zum einen den Anspruch an ein effizientes Kühlungssystem, zum anderen aber auch einige Vereinfachungen zum Beispiel bei der Wahl der Werkstoffe und Integrationsmöglichkeiten. Und das in der Brennstoffzelle verwendete Platin hat eine sehr gute Recyclingfähigkeit: Bei korrekter Aufbereitung sind die Metalle nahezu unendlich oft wiederverwertbar. Auch findet diese Energiewandlung in den Stacks quasi ohne bewegliche Teile statt.

Wie ist die FFC aufgebaut?

Hauptkomponenten eines leistungsstarken Flying-Fuel-Cell-Systems sind die Stacks und eine intelligente Integration aller Lines.

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  • Brennstoffzellen-Stacks: Wandlung von Wasserstoff und Sauerstoff in Wasser und elektrische Energie.
  • LH2-Tank: Speicherung und Bereitstellung von Flüssigwasserstoff für den elektrochemischen Prozess in der Brennstoffzelle. Flüssiger Wasserstoff wird in gasförmigen Wasserstoff umgewandelt und wird dann der Hydrogen Line zur Verfügung gestellt.
  • Hydrogen-Line: Sie konditioniert den aus dem LH2-Tanksystem kommenden gasförmigen Wasserstoff mit der passenden Temperatur, dem gewollten Druck und der idealen Feuchtigkeit, der dann von den Brennstoffzellen-Stacks umgesetzt wird.
  • Wärmetauscher: System zum Abführen der Wärme, um die zulässige Temperatur in der Brennstoffzelle und allen Subsystemen nicht zu überschreiten.
  • Air-Line: Die gezielt eingeleiteten Luftströme liefern den nötigen Sauerstoff für die elektrochemische Reaktion. Auch bei der Air-Line muss die Luft mit dem passenden Druck, Temperatur und Feuchtigkeit den Stacks zugeführt werden.
  • Power-Line: Nutzt die elektrische Energie aus den Brennstoffzellen-Stacks um zum einen über eine Motor Control Unit (MCU) und einen Elektromotor elektrische Energie in mechanische Energie umzuwandeln. Zum anderen ist die Power-Line ein eigenes Netzwerk, dass alle elektrischen Verbraucher des Systems versorgt.
  • Cooling-Line: Alle Geräte werden in den entsprechenden Flugphasen und Flugbedingungen gekühlt oder erwärmt, um die Thermodynamik des Systems und das Energiemanagement des Flugzeugs zu optimieren. Die Wärme wird in dem System mit einer Kühlflüssigkeit und dem smarten Zusammenschalten der Geräte geregelt. Die überschüssige Wärme wird dann durch einem Wärmetauscher an die Außenluft abgegeben.
  • E-Motor: Wandelt elektrische Energie aus der Brennstoffzelle in mechanische Energie um und ist Teil der Power-Line.
  • Propeller: Wandelt mechanische Energie aus dem E-Motor in Schub um.
  • Control-Line: Die Control-Line ist kaum sichtbar, aber ein Schlüssel zum Erfolg bei der FFC, denn sie gewährleistet das intelligente Zusammenspiel aller Komponenten in allen Flugphasen. Dies wird durch das Gehirn – der Control-Line – bewerkstelligt. Alle Sensoren, alle Daten, alle Stellglieder werden in der Control-Line zu einem perfekt harmonierenden Orchester vereint.

Wie funktioniert die Brennstoffzelle?

Jede Brennstoffzelle erhält zwei plattenförmige Elektroden (Anode und Kathode). An der Anode zerfallen Wasserstoffmoleküle (H2) durch Elektronenabgabe zu positiv geladenen Wasserstoff-Ionen (H+). Die freien Elektronen fließen als nutzbarer Strom über einen äußeren Leiter zur Kathode. Dort bilden sie mit den Sauerstoffatomen negative Sauerstoff-Ionen (O2-).

Die Wasserstoff-Ionen vereinigen sich unter Abgabe von Wärme an der Kathode mit den Sauerstoff-Ionen zu Wasser.

Wo kann die FFC eingesetzt werden?

Die FFC soll zunächst auf kürzeren Strecken im regionalen Flugverkehr zum Einsatz kommen. Mit der nächsten FFC Generation soll die FFC dann auch auf der Kurz- und Mittelstrecke fliegen und die Klimawirkung des zivilen Luftverkehrs weiter verringern.

Wie erfolgt die Entwicklung?

Die MTU entwickelt die FFC-Technologie als hochintegriertes System mit modernsten Entwicklungsmethoden und Tools. Zusätzlich zur Technologieentwicklung kooperiert die MTU mit dem DLR um eine Do228 als Technologieplattform und Flugdemonstrator zu fliegen. Ziel ist es, einen der beiden konventionellen Gasturbinen-Antriebe durch einen elektrischen 600kW-Antriebsstrang mit Energieversorgung durch eine wasserstoffbetriebene Brennstoffzelle zu ersetzen und zu erproben. Den Erstflug des fliegenden Labors peilen die Partner Mitte der Dekade an. Zuvor erfolgen umfangreiche Bodentests und Vorerprobungen.

Aufgabe der MTU ist es, den gesamten wasserstoffbetriebenen Brennstoffzellen-Antriebsstrang einschließlich des Flüssigwasserstoff-Treibstoffsystems und der Regelung zu entwickeln. Die Leitung des Do228-Forschungsprojekts liegt beim DLR, das das Forschungsflugzeug zur Verfügung stellt und die Flugexperimente durchführt. Die Forschungseinrichtung ist zudem für die Integration des Antriebsstrangs in das Flugzeug verantwortlich.

Parallel zu diesen Arbeiten kooperiert die MTU mit der Agentur der Europäischen Union für Flugsicherheit (EASA) und arbeitet an Zulassungsanforderungen. Untersucht werden mögliche Wege für die zukünftige Zertifizierung einer fliegenden Brennstoffzelle, denn für den sicheren Betrieb des neuartigen Antriebskonzepts der fliegenden Brennstoffzelle müssen neue Standards, Zulassungsvorschriften und Nachweisverfahren definiert werden.

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