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MTU Maintenance: Ausbildungsprogramme weltweit
Die MTU Maintenance bietet weltweit umfassende Ausbildungsprogramme an, die speziell darauf ausgelegt sind, angehende Triebwerksspezialisten optimal auf ihre Karriere in der Luftfahrtindustrie vorzubereiten. Mit praxisnahen Schulungen und innovativen Trainingsmethoden gelingt der erfolgreiche Einstieg.
06.2024 | Autor: Thorsten Rienth | 8 Min. Lesezeit
Autor:
Thorsten Rienth
schreibt als freier Journalist für den AEROREPORT. Seine technikjournalistischen Schwerpunkte liegen neben der Luft- und Raumfahrtbranche im Bahnverkehr und dem Transportwesen.
Mit ebenso kreativen wie durchdachten Wegen qualifiziert die MTU Maintenance an ihren weltweiten Standorten neue Fachkräfte: In Hannover bieten sechswöchige DAT-Kompaktschulungen eine attraktive Einstiegsmöglichkeit. In Vancouver, Kanada, und Nova Pazova bei Belgrad, Serbien, kooperiert sie im Rahmen einzigartiger Programme mit lokalen Bildungsreinrichtungen und bei der EME Aero im polnischen Jasionka setzt sie zur Wissensvermittlung unter anderem auf eine außergewöhnliche Didaktik.
MTU Maintenance: Der weltweit führende Anbieter in maßgeschneiderten Serviceleistungen für zivile Luftfahrtantriebe sorgt mit Leidenschaft und Zuverlässigkeit für sichere und effiziente Flüge.
Entdecken Sie hier, wie die MTU Maintenance weltweit umfassende Ausbildungsprogramme umsetzt:
„Dass das Programm attraktiv ist, hat sich bei uns in der Region herumgesprochen.“
Technischer Trainer bei der MTU Maintenance Hannover
Hannover, Deutschland
Wenn Steffen Schreiber über das Werksgelände der MTU Maintenance Hannover läuft, kommen ihm viele bekannte Gesichter entgegen. Nicht nur, weil der Technische Trainer früher oder später mit fast allen zu tun hat, die dort Triebwerke instandhalten. Gerade für die sogenannten Quereinsteiger:innen war Schreiber oft eines der ersten Gesichter, denen sie in Langenhagen auf Arbeitsebene begegneten.
Schreiber gehört zu den Erfindern und Machern der DAT-Kompaktschulungen bei der MTU Maintenance Hannover. Die Abkürzung steht für die englischen Begriffe Disassembly, Assembly und Testing – also Demontage, Montage, und Testing.
„Es ist ja kein Geheimnis, dass auch unsere Branche immer mehr mit dem Fachkräftemangel zu kämpfen hat“, erklärt Schreiber und wirft die Frage auf: „Wäre es da nicht eine Option, Wechselwillige mit einer schon absolvierten Ausbildung aus anderen metallverarbeitenden Berufen für die MTU Maintenance Hannover zu gewinnen?“ Dabei geht es aber nicht um ein großangelegtes Umschulungsprogramm zum Fluggerätmechaniker. Schreiber: „Es ist eher eine Art MTU-spezifische Weiterbildung, die wie ein Eintrittstor bei uns fungiert. Die am Ende zum Beispiel ein Kfz-Mechaniker berechtigt, nach unseren internen Vorgaben an Triebwerken zu arbeiten.“
Die sechswöchigen DAT-Kompaktschulungen umfassen je einen Theorieteil mit den Fächern Englisch, Basiswissen und Einführung in Triebwerke, Audits und IT-Programme. Hinzu kommt ein realitätsnaher Praxisteil, der sich auf Arbeiten an Fangehäusen, Hochdruckverdichtern sowie Nieder- und Hochdruckturbinenmodulen konzentriert. Aus der Praxis für die Praxis, lautet dabei die Devise.
„Dass das Programm attraktiv ist, hat sich bei uns in der Region herumgesprochen“, erzählt Schreiber. „Die Anzahl von Bewerber:innen ist hoch und die Leute sind motiviert bei der Sache.“ Auch, weil es beim DAT um viel mehr geht als nur sechs Wochen MTU-Luft zu schnuppern. „Wir wollen die neuen Kolleg:innen damit für den nächsten, eigentlich viel wichtigeren Schritt, vorbereiten: das On-the-Job-Training in den einzelnen MRO-Bereichen, etwa der Modulmontage.“
Bis zu einem Jahr dauert das On-the-Job-Training, abhängig von Vorqualifikation und Können. Den Schlusspunkt setzt die zu bestehende „Level-2“-Prüfung. „Dahinter steht eine interne MTU-Qualifizierung, mit der die Kolleg:innen schon sehr umfangreich an unseren Triebwerken eingesetzt werden können“, erläutert Schreiber. Mehrere hundert neue Kolleg:innen sind über diesen Weg seit dem DAT-Start alleine am Standort in Langenhagen zur MTU Maintenance gestoßen.
Auch das hat sich herumgesprochen, diesmal allerdings MTU-intern. Zwischenzeitlich haben auch zahlreiche andere MRO-Standorte aus dem MTU-Netzwerk das DAT-Trainingskonzept aufgenommen und auf ihre Anforderungen hin adaptiert.
„Es steckt kein Automatismus dahinter, dass Absolventen des Programms danach in ein klassisches Beschäftigungsverhältnis wechseln. Aber das ist ganz klar unser Ziel.“
Trainer bei der MTU Maintenance Canada
Delta, Canada
Die Gruppe der Auszubildenden könnte unterschiedlicher nicht sein: Einige sind erst Anfang 20, andere haben die 40 Jahre bereits überschritten. Für die einen ist der Umgang mit Werkzeugen vertrautes Terrain, andere halten vielleicht zum ersten Mal in ihrem Leben einen Schraubenschlüssel in der Hand. Während einige Teilnehmer noch nie die Gelegenheit hatten, einen Motor bzw. ein Triebwerk aus der Nähe zu betrachten, bringen andere bereits Grundkenntnisse über dessen Aufbau mit.
Diese Diversität in den Vorkenntnissen und Erfahrungen der Teilnehmer:innen ist jedoch kein Hindernis. Im Gegenteil: Das Trainingskonzept der MTU Maintenance Canada ist speziell darauf ausgerichtet, Quereinsteiger:innen einen erfolgreichen Einstieg zu ermöglichen. Denn was alle Auszubildenden verbindet, ist das gemeinsame Ziel: Triebwerke instandzusetzen.
Brayden Eagles ist einer von ihnen und eigentlich studierter Biologe. „Für mich ist die Luftfahrtindustrie eine ganz neue Herausforderung. Ich finde diesen Bereich unglaublich spannend.“ Die ersten 26 Wochen seiner Ausbildung verbringt er am British Columbia Institute of Technology (BCIT), aus deutscher Sicht mit einer Berufsschule vergleichbar, wo er sich theoretisches Wissen aneignet. Diese Theoriephase bildet die Grundlage für die anschließenden 20 Wochen intensiver Praxiserfahrung im MRO-Shop der MTU in Delta, British Columbia.
„Hands-on“ lautet dort die Devise. „Vor allem lernen sie an Originalteilen, die aus den unterschiedlichsten Gründen nicht mehr fliegen“, erzählt Matthias Voss, Trainer bei der MTU Maintenance Canada. „Dadurch bekommen sie sehr schnell eine Vorstellung von den Aufgaben, die die Teile im Triebwerk übernehmen.“ Aber auch Materialkunde, Mechanik und Vorgehensweisen zur Fehlersuche werden in Grundlagen vermittelt.
„Für das Programm haben wir bei uns eine Art Company in der Company eingerichtet“, sagt Voss. „Ein eigener Bereich, in dem aber vom ersten Tag an mit MTU-Tools, -Prozessen, -IT und -Dokumentation gearbeitet wird.“ Die Ausbildungsklassen des kanadaweit einzigartigen Ausbildungsprogramms bestehen aus je 12 Schüler:innen. Drei Klassen starten übers Jahr verteilt.
Der MTU-Stallgeruch, den Voss dem Lern- und Arbeitsbereich bescheinigt, ist ausdrücklich gewünscht: „Es steckt kein Automatismus dahinter, dass Absolventen des Programms danach in ein klassisches Beschäftigungsverhältnis wechseln. Aber das ist ganz klar unser Ziel.“
Auch Brayden Eagles würde gerne den Sprung ins Unternehmen schaffen: "Ich möchte einfach jeden Tag mein Wissen erweitern und alle Facetten des Berufs Triebwerksmechaniker kennen lernen, um später einen wertvollen Beitrag für die MTU leisten zu können.“
„Zusammen mit serbischen Berufsschulen und Akademien bauen wir gerade eine ans deutsche Modell angelehnte duale Ausbildung auf.“
Support Team, MTU Maintenance Serbia
Nova Pazova, Serbien
Als im Sommer 2019 die Entscheidung für einen neuen MTU-Reparaturstandort in Nova Pazova bei Belgrad fällt, beginnt für den designierten Trainings- und Qualifizierungs-Projektleiter die Arbeit. „Serbien hat zwar einige Instandsetzungsbetriebe im metallverarbeitenden Bereich“, erinnert sich Hans Triebenbacher vom Support-Team. „Obwohl das Land eine lange Geschichte der Luftfahrt hat, musste der Markt aber unterstützt werden. Wir mussten uns – vor allem für den Betriebsstart – was einfallen lassen.“
Der Aufbau eines Trainingszentrums bei der MTU Maintenance Serbia entpuppte sich als anspruchsvolle und lohnende Aufgabe: Der erste Schritt war die Schulung und Qualifizierung der Mitarbeiter:innen. "Viele Kolleg:innen der MTU Maintenance Serbia wurden nach einem auf unsere Bedürfnisse zugeschnittenen Plan in Deutschland geschult“, beschreibt Triebenbacher. „Durch die erworbenen Fähigkeiten und Fertigkeiten konnten sie ihr Wissen mit nach Serbien nehmen und nun als Trainer und Ausbilder an die Neuankömmlinge weitergeben.
Jasminka Marković war eine der ersten, die – mitten in der Corona-Pandemie – auf diese Weise als Trainee zur MTU Aero Engines nach München sowie zur MTU Maintenance Berlin-Brandenburg nach Ludwigsfelde kam. Dass die Wahl unter anderem auf Marković fiel, ist kein Zufall. „Durch meinen vorherigen Job kannte ich mich mit CMM-Messmaschinen schon recht gut aus“, erzählt sie. „Die Luftfahrtanwendungen und die bei der MTU eingesetzte Messsoftware waren allerdings neu für mich.“
Zehn Monate später begann Marković zurück in ihrer Heimat das erlernte Wissen als Trainerin weiterzugeben, etwa an Jovana Bosiljković. „Obwohl Jasminka meine Trainerin und Vorgesetzte ist, arbeiten wir auf Augenhöhe zusammen“, erzählt Bosiljković. „Das finde ich sehr gut und wichtig, weil dadurch bei mir keine Hürden entstehen, wenn ich bei einem Thema zum Beispiel mal einen Zusammenhang nicht gleich beim ersten Mal verstanden habe.“
Inzwischen hat die MTU Maintenance Serbia ihr Schulungsangebot erweitert: „Zusammen mit serbischen Berufsschulen und Akademien bauen wir gerade eine ans deutsche Modell angelehnte duale Ausbildung auf“, informiert Triebenbacher. Und weiter: „Unsere langfristig benötigten Fachkräfte wollen wir selbstverständlich vor Ort qualifizieren.“ Konkret stehen die Ausbildungsberufe Fluggerät- und Industriemechaniker, CNC-Bediener, Befunder sowie Schweißer im Mittelpunkt.
Triebenbacher: "Obwohl wir jetzt sehr unabhängig sind, tauschen wir weiterhin Erfahrungen aus und lernen voneinander. Wissen bringt nichts, wenn es nicht geteilt wird, und indem wir jeden Tag neue Maßstäbe setzen, gehen wir unseren Weg der Business Excellence weiter.“
„Mit das Wichtigste in unserem Geschäft ist, dass die Kolleg:innen an den Linien ihr theoretisches Wissen fehlerfrei anwenden können. Das machen wir im Quality-Escape-Room in spielerischer Art und Weise – aber mit sehr realistischen Themen.“
Verantwortlich für die Ausbildungsprogramme bei EME Aero
Jasionka, Polen
Didaktik vermittelt nicht nur Wissen, sondern fördert Teamwork, Verantwortungsbewusstsein, Lösungsorientiertheit und gegenseitigen Respekt. Kompetenzen, die auch in der Instandhaltung von Triebwerken unerlässlich sind.
Genau das dachten sich Łukasz Zając, bei EME Aero in Jasionka in Polen unter anderem verantwortlich für die Ausbildungsprogramme, und Trainer Dominik Weber. „Mit das Wichtigste in unserem Geschäft ist, dass die Kolleg:innen an den Linien ihr theoretisches Wissen fehlerfrei anwenden können“, sagt Zając. „Das machen wir im Quality-Escape-Room in spielerischer Art und Weise – aber mit sehr realistischen Themen.“
Eingebettet ist er in den EME Campus, eine der größten Trainingseinrichtungen im Netzwerk der MTU. Aufgebaut im Stil einer eigenständigen Servicewerkstatt kommen auf rund 4.000 Quadratmetern sämtliche Tools und Systeme zum Einsatz, mit denen EME Aero die Triebwerke der weltweiten Flotten instand setzt.
Eingeweiht wurde er im Jahr 2023, um die stetig steigende Zahl der Shopvisits zu bewältigen und gleichzeitig die Qualifikation des EME-Aero-Teams sicherzustellen. "Auf diese Weise haben wir die wichtigsten Servicearbeiten vom Schulungsprozess getrennt und einen Raum geschaffen, der der Schulung am Arbeitsplatz gewidmet ist", betont Łukasz Zając.
Ein Teil der Qualifizierung ist das Qualitäts-Escape-Room-Spiel für alle neuen Mitarbeiter:innen. Mit Unterstützung des Qualitätsteams ist dies der letzte Schritt, bevor sie die EME Aero-Einrichtung betreten und dort mit ihrer Arbeit beginnnen.
"Beim Escape Room muss eine Gruppe verschiedene Aufgaben und Rätsel lösen, um den Schlüssel zum Ausgang zu finden und den Raum in möglichst kurzer Zeit zu verlassen", erklären Daria Witek und Natali Fudali, Qualitätsingenieurinnen und Auditorinnen bei EME Aero. Schlüsselthema ist die Qualität und damit verbundene Aspekte der täglichen Arbeit.
Hat sich die Tür zu dem sechs auf fünf Meter großen Kasten einmal hinter den Kleingruppen geschlossen, bleibt jeweils acht Minuten Zeit, um zehn Funde zu markieren. „Das kann eine abgelaufene Chemikalie sein, ein Fremdkörper auf dem Boden oder ein falsch gelagertes Werkzeug“, erläutert Weber. Wenn die Tür wieder aufgeht, sprechen Trainer und Gruppe entdeckte wie nicht entdeckte Funde durch. „Wir haben einen Pool von etwa 60 Funde aufgebaut, aus denen wir abhängig von der Gruppe wählen können.“
Seit Jahresbeginn können auch EME-Aero-Kolleg:innen, die nicht unmittelbar an den Triebwerken arbeiten, eine gewisse Anzahl an Slots für den Escape Room buchen. „Ein großes Bewusstsein für Qualitätsthemen ist ja auch in allen anderen Arbeitsplätzen bei uns nötig“, sagt der Ausbildungsverantwortliche Zając.