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So funktioniert die Luftbetankung von Militärflugzeugen
Einen Kampfjet im Flug zu betanken, bleibt auch mit moderner Technik ein Abenteuer, das ein Maximum an fliegerischem Können und Erfahrung erfordert. Worauf es dabei ankommt.
02.2023 | Autor: Tobias Weidemann | 5 Min. Lesezeit
Autor:
Tobias Weidemann
ist seit mehr als 20 Jahren als Journalist und Content-Berater tätig. Er berichtet über Technik- und Wirtschaftsthemen, oft mit Schwerpunkt auf Business-IT, Digitalisierung und Zukunftstechnologien.
©Bundeswehr
Ein Flugzeug im Flug zu betanken, zählt immer noch zu den faszinierendsten Manövern der Luftfahrt: Ein speziell ausgerüstetes mit Kraftstoff gefülltes Transportflugzeug, etwa der Airbus A330 MRTT, begibt sich dazu auf eine vorgegebene Position im abgesperrten Luftraum, denn in Deutschland ist das riskante Manöver nur in wenigen kaum besiedelten Regionen erlaubt. Von hinten nähert sich der zu betankende Kampfjet bis auf 20 Meter. Sobald beide die richtige Position gefunden haben und miteinander verbunden sind, beginnt der rund zehnminütige Tankvorgang. Das Tankflugzeug gibt dann je nach Betankungsverfahren bis zu 1.590 Kilogramm Kraftstoff pro Minute ab – in einer Höhe von 1.500 bis 10.000 Metern und bei einer Geschwindigkeit von rund 500 Kilometern pro Stunde.
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Faszinierende Manöver: Ein Kampfflugzeug in der Luft zu betanken, verschafft diesem mehr Reichweite und erspart das zeitraubende, strategisch ungünstige Zwischenlanden.
All das überwacht ein Betankungsoperator („Air Refueling Officer“, ARO), der über die Instrumente die abzugebende Treibstoffmenge und – anhand der Wetterlage und weiterer Rahmenbedingungen – die Geschwindigkeit des Tankvorgangs regelt. Zur Steuerung des Tankvorgangs verfügt er über seitlich am Rumpf verbaute Video- und Infrarotkamerasysteme, die auch bei nächtlichen Einsätzen das zuverlässige Andocken ermöglichen. Dabei sorgt der Autopilot stets für die Einhaltung der geringen Distanz und erlaubt sanfte Kurskorrekturen. Dennoch klappt all das vor allem bei guter wolkenloser Wetterlage mit Sichtflugbedingungen und gleichbleibenden Windverhältnissen und erfordert auf beiden Seiten trotz der heutigen technischen Möglichkeiten ein Höchstmaß an fliegerischer Präzision und Erfahrung.
Im Rahmen einer solchen Operation werden oftmals nach einem minutengenauen Zeitplan mehrere Flugzeuge nacheinander betankt, bevor die fliegende Zapfsäule wieder zur Militärbasis zurückkehrt. Es ist auch nicht unüblich, zwei Flugzeuge gleichzeitig zu betanken, wenn es das Wetter und die Gegebenheiten im Luftraum zulassen.
Die MRTT-Version („Multi Role Tanker Transport“) des Airbus A330 ist eine vielseitige Transportmaschine, die nicht nur als Fracht- oder Passagierflugzeug dienen, sondern auch zur fliegenden Intensivstation umgebaut werden kann – oder eben als fliegende Zapfsäule fungiert, die bis zu 111 Tonnen Kraftstoff mit sich führt. Die militärische Version des zivilen Modells A330-200 wird bisher von vier Luftwaffen eingesetzt (unter anderem verfügt die Bundeswehr über diesen Typ) und wurde von sieben Ländern und der NATO bestellt. Übrigens kommt das Betanken im Flug nur im militärischen Umfeld zum Einsatz, da es in der zivilen Luftfahrt angesichts geltender Sicherheitsvorgaben kaum wirtschaftlich oder technisch sinnvoll umsetzbar wäre.
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Ausleger-Systeme und Lösungen mit Sonde und Fangtrichter
Grundsätzlich gibt es zwei Verfahren, die sich bei der Betankung im Flug etabliert haben. Beim Ausleger-System positioniert sich das Tankflugzeug mit seinem in Grenzen beweglichen Ausleger am Heck vor dem zu betankenden Flugzeug. Der Ausleger wird dabei in dessen Tanköffnung geführt. Sind Rohr und Betankungsstutzen sicher verriegelt, schließt sich ein Stromkreis, der die Druckbetankung startet. Das zu betankende Flugzeug fliegt während des Tankvorgangs in Formation hinter oder unter dem Tankflugzeug. Nach Abschluss des Tankvorgangs werden die Ventile geschlossen und das Teleskoprohr zurückgezogen.
Eine alternative Strategie arbeitet mit einer Sonde und einem Fangtrichter, der aussieht wie ein überdimensionaler Federball. Dieser ist über einen flexiblen Schlauch angebracht, den das Tankflugzeug hinter sich herzieht. Das Tankflugzeug fliegt vor dem zu betankenden Kampfjet her, dessen Pilot die Sonde seinerseits in den Fangkorb steuert. Durch den Windzug am Fangtrichter wird eine Verbindung zwischen der Sondenspitze der Treibstoffsonde und dem Ventil hergestellt und nach Verriegelung der Tankvorgang über Druck gestartet.
Dieses Verfahren verlangt dem Piloten des Empfängerflugzeugs mehr Präzision ab als die Ausleger-Lösung, bei der es dafür mehr auf das Geschick des Betankungsoperators ankommt, der den starren Ausleger nur in begrenztem Umfang steuern kann. Während der Ausleger schnelleres Betanken aufgrund des größeren Querschnitts zulässt, ist bei der Fangtrichter-Variante aufgrund des größeren Abstands des 22 Meter langen Schlauchs das Kollisionsrisiko geringer.
Alle gängigen Tankflugzeuge, etwa auch der Airbus A330 MRTT, sind für diese beiden Verfahren geeignet, wobei es jeweils auf die Zertifizierung zur Betankung des jeweils gewünschten Flugzeugtyps ankommt. Neben diesen beiden Grundkonzepten gibt es aber auch kombinierte Lösungen, die sowohl mit einem Ausleger als auch mit einem oder mehreren Fangtrichtersystemen ausgestattet sind.
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Automatic Air-to-Air Refueling, A3R: Die Luft-Luft-Betankungsanlage reduziert mit Hilfe von Automatisierung die Arbeit des Betankungsoperators.
Bald tanken Flugzeuge weitgehend autonom
Auch wenn es bereits seit den 1920er-Jahren erste Bemühungen gibt, um Flugzeuge in der Luft aufzutanken, und die Konzepte hierzu über die Jahrzehnte verbessert wurden, sorgen technische Innovationen auch in den nächsten Jahren noch für Weiterentwicklungen. Der Airbus A330 MRTT ist etwa das erste Tankflugzeug, das auch für die automatische Luftbetankung bei Tageslicht zugelassen ist.
Hierfür hat Airbus eine Luft-Luft-Betankungsanlage (Automatic Air-to-Air Refueling, A3R) entwickelt, die mit Hilfe von Automatisierung die Arbeit des Betankungsoperators auf Überwachungsaufgaben reduzieren kann. Die Video- und Infrarotkamerasysteme arbeiten mit automatisierter und IT-gestützter Bilderkennung und -verarbeitung und erleichtern die Ausrichtung zwischen der Auslegerspitze und der Empfängeraufnahme mit einer Genauigkeit von einigen Zentimetern. Die korrekte Ausrichtung und die Stabilität des Empfängers werden in Echtzeit überprüft.
Das System erfordert dabei keine Umrüstung an den Empfängerflugzeugen und kann bei nicht-optimalen Witterungsbedingungen den Sicherheitsgrad einer solchen Operation erhöhen. Mittelfristig kann ein solcher Betankungsvorgang so weitgehend autonom ablaufen und auch bei widrigen Sicht- und Witterungsverhältnissen zuverlässig durchgeführt werden. Im Rahmen eines Folgeprojekts A4R sollen auch die Aufgaben des Treibstoff empfangenden Flugzeugs automatisiert werden.
Doch auch wenn die Technologie hier in Zukunft den Menschen entlasten wird, erfordert die Planung weiterhin umfassende Erfahrungen und fliegerisches Können. Das Szenario der Luftbetankung könnte allerdings dann auch unter schwierigeren Bedingungen möglich werden, in denen die Pilot:innen heute noch nicht erfolgreich sind.
©Airbus - Master Films - Hervé Goussé