Was ist „Asset Management“? Bei der Suche nach einer Antwort muss man ja nicht gleich den Weg von Professor Bömmel beschreiten, der sich in der „Feuerzangenbowle“ bei der Frage nach der „Dampfmaschin“ zunächst einmal „janz dumm“ stellte. Dennoch ist es vielleicht keine schlechte Idee, es einstweilen mit einer simplen Erklärung zu versuchen. Dick Forsberg, Chefstratege des Leasingunternehmens Avolon, hat vor Jahren eine solche geliefert: „Gut einkaufen, besser verkaufen und dazwischen gewissenhaft behandeln.“ Etwas konkreter ausgedrückt ist Asset Management demnach das Bestreben, den Wert der zur Erreichung des Geschäftsziels eingesetzten „Assets“ – also allgemein Anlagen, Maschinen und Gebäude, im Falle der Luftfahrt die Flugzeuge – zu maximieren.
Doch wie genau das zu geschehen hat, kann unter Umständen erheblich differieren und ist abhängig beispielsweise von der Art des Eigentümers – Fluggesellschaft oder ein Leasingunternehmen – oder vom Alter des Fluggeräts. „Eine 30 Jahre alte Boeing 747 mit CF6-Triebwerken ist noch Millionen wert, ohne Triebwerke ist sie praktisch nur noch Altmetall“, verweist Jürgen Kuhn auf einen kleinen, aber feinen Unterschied. Eine Flugzeugzelle, so der Leiter Corporate Development bei der MTU Aero Engines, habe nun einmal eine begrenzte Lebensdauer, und wenn diese erreicht sei, könne das „Asset“ nur noch verschrottet werden.
Das gilt allerdings nicht automatisch auch für die diversen sonstigen Komponenten eines Luftfahrzeugs und speziell die größten und teuersten darunter, die Triebwerke. Die nämlich kennen zwar einzelne Bauteile mit begrenzter Lebensdauer (Life Limited Parts, LLP), doch nach einer umfangreichen Überholung ist der Antrieb praktisch wieder wie neu und kann noch viele Jahre genutzt werden. Ob das tatsächlich geschieht, hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab – der allgemeinen Marktsituation, der wirtschaftlichen Lage und den Plänen des Eigentümers sowie schließlich vom Triebwerkstyp und dem zugehörigen Angebot an Wartungs- und Überholungsdienstleistungen.
Verwertung statt Verschrottung Bei der MTU Maintenance können Bauteile mit längerer Lebensdauer als das Gesamttriebwerk ausgebaut, gegebenenfalls repariert und weiter verwendet werden.
Als Beispiel soll ein Triebwerk dienen, das noch etwa 2.000 Flugzyklen Restlaufzeit aufweist und zu einem Flugzeugmuster gehört, das die Airline noch weitere fünf Jahre betreiben möchte. Dafür reichen die 2.000 Zyklen nicht, aber es wäre auch nicht sinnvoll, lebensdauerbeschränkte Teile durch komplett neue zu ersetzen, die für 20.000 oder mehr Flugzyklen gut sind. Stattdessen wird man beispielsweise Ersatzteile einbauen, die mit Ablauf von 5.000 Zyklen „abgeflogen“ sind, so dass das Triebwerk anschließend zerlegt werden kann, um die noch brauchbaren Einzelteile weiterzuverkaufen. Möglicherweise möchte die Fluggesellschaft das Triebwerk aber nach Außerdienststellung des Flugzeugs weiterverkaufen, so dass Ersatzteile mit deutlich höherer Restlebensdauer benötigt werden. Sinnvolles Asset Management ist zweifellos eine Gleichung mit vielen Unbekannten; letztlich aber geht es darum, das Triebwerk dergestalt zu behandeln, dass seine weiteren Verwendungsmöglichkeiten exakt auf den Eigentümer und seine aktuellen beziehungsweise künftigen Bedürfnisse zugeschnitten sind.
Prinzipdarstellung der Verwertung von TriebwerkenBauteile aus mehreren älteren Triebwerken können zu einem Triebwerk zusammengebaut werden, dass noch mehrere Jahre läuft.
Komplett aus einer Hand
Bei der MTU Maintenance hält man unter dem Schlagwort „Mature Engines Solutions“ entsprechende Angebote für Betreiber älterer Triebwerke – innerhalb des MTU-Maintenance-Portfolios sind dies beispielsweise CF6-80 und CFM56-3 – bereit. „Geburtshelfer“ für diese Aktivitäten war nicht zuletzt Southwest Airlines. Als bei der US-amerikanischen Billigfluggesellschaft die Ausmusterung der letzten Boeing 737-500 und -300 und damit der CFM56-3-Triebwerke anstand, präsentierte MTU Maintenance Canada ein Konzept, bei dem aus freiwerdenden Triebwerken der schrumpfenden 737-Flotte geeignete Ersatzteile für die verbleibenden Antriebe gewonnen werden („aus drei mach eins“) und so die Ausphasung, die bis 2018 abgeschlossen sein soll, optimal und kostengünstig gestaltet werden kann.
INSTANDSETZUNG VON CF6-TRIEBWERKEN
Von Vorteil sei, so Dennis Reichel, ebenfalls in der Abteilung Corporate Development zu Hause, dass man als Hersteller und unabhängiges Instandhaltungsunternehmen anders als beispielsweise ein reiner Ersatzteilhändler in der Lage sei, ein Komplettpaket aus einer Hand anzubieten. „Wir haben marktseitig und technisch das Know-how, um den Zeitpunkt, zu dem ein Triebwerk endgültig außer Dienst gestellt werden sollte, optimal zu ermitteln.“ Vor allem aber nehme man dem Kunden das Triebwerk nicht einfach nur ab und zerlege es, sondern „wir haben auch Verwendung für die Einzelteile, weil wir innerhalb unseres Netzwerkes viele Überholungsereignisse durchführen“, sagt Reichel. „Zudem“, ergänzt Jürgen Kuhn, „gehen unsere Reparaturfähigkeiten über die der meisten Überholungsbetriebe und Hersteller hinaus, so dass wir mehr Bauteile weiterverwerten können und auf diese Weise Mehrwert für den Kunden generieren.“
Angesichts der aktuell extrem niedrigen Rohöl- und Kerosinpreise denken manche Airlines jedoch darüber nach, die Einflottung neuer, spritsparender, aber in der Anschaffung teurer Muster zu verschieben und stattdessen vorhandenes Fluggerät länger zu betreiben. Je nachdem, welchen Zeithorizont die Fluggesellschaft dafür ins Auge fasst, können die Triebwerke entweder durch den Austausch von Teilen mit begrenzter Lebensdauer für weitere Einsatzjahre fit gemacht werden, oder aber die MTU nimmt die abgeflogenen Triebwerke in Zahlung und der Kunde kauft oder mietet Austauschtriebwerke. Letztlich geht es beim Asset Management eben vor allem darum, individuelle Lösungen für die unterschiedlichen Bedürfnisse der Kunden zu finden.