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Wie ein Vogel

DLR feiert 125 Jahre Menschenflug mit einem Nachbau des Normalsegelapparats von Otto Lilienthal

11.2016 | 2 Min. Lesezeit

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„Der freie, unbeschränkte Flug des Menschen würde von tief ein­schnei­dender Wirkung auf alle unsere Zustände sein. Die Grenzen der Länder würden ihre Bedeutung verlieren“, beschrieb der Luftfahrt­pionier Otto Lilienthal (1848-1896) einst seine Vision. Sein Verdienst waren nicht nur erste erfolgreiche, kontrollierte und wieder­holbare Flüge mit einem Flug­zeug nach dem Prinzip „schwerer als Luft“, sondern auch die erste Serien­fertigung eines Flug­geräts: Der von ihm konstruierte und in seiner Maschinen­fabrik in Berlin gefertigte „Normalsegel­apparat“ wurde nach­weislich mindestens neunmal verkauft.

Darüber hinaus war er vor allem der erste, der aero­dynamische Prinzipien syste­matisch unter­suchte und beschrieb. Sein bahn­brechendes Buch „Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst“, 1881 in einer Auflage von nur 1.000 Exemplaren ver­öffent­licht, nutzten etwa die Brüder Wright für ihre Flug­zeug­ent­wicklungen: „Die wichtigste Erkenntnis (…) war die Entdeckung, dass gewölbte Trag­flächen einen größeren Auf­trieb lieferten als ebene“, stellten sie fest.

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Simulation der Windkanaltests mit dem Lilienthal-Gleiter.

Nachbau im DLR-Institut für Aerodynamik und Strömungstechnik in Göttingen nach Lilienthals Zeichnungen und mit Materialien, wie er sie verwendet hat.

Strömungsmessung im Windkanal.

Die gewölbte Form von Vogel­flügeln war bereits bekannt, Lilienthal hatte sie jedoch als erster exakt ver­messen und dann auf die Kon­struk­tion von Flug­geräten über­tragen. Mit der Erprobung begann er im Frühjahr 1891. Inzwischen schätzt man, dass er mehr als zweitausend Flüge erfolgreich durch­führte, bevor er 1896 bei einem Flug­versuch tödlich verunglückte.

Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat nun aus Anlass des 125-jährigen Jubiläums seiner ersten Flüge Lilienthals Normal­segel­apparat nach seinen Zeichnungen rekonstruiert und im Wind­kanal getestet. Ziel der Untersuchung war unter anderem der Nachweis, dass Lilienthal ein um alle drei Achsen stabiles Flug­zeug gebaut hat, denn wesent­licher Be­standteil seiner Kon­struktion waren nicht nur die ge­wölbten Flügel, sondern auch Höhen- und Seiten­ruder.

In dieser Hinsicht war Lilienthals Flug­zeug sogar dem Flugapparat der Brüder Wright voraus, berichtet Professor Andreas Dillmann, Leiter des Nachbauprojekts sowie des DLR-Instituts für Aerodynamik und Strömungstechnik: „Der Wright-Flyer stellte sich bei Windkanaltests der Nasa als instabil bei allen Fluggeschwindigkeiten heraus“, wogegen die Flugeigenschaften des Lilienthal-Gleiters vergleichbar seien mit denen von Schul-Segelflugzeugen der 1920er und -30er Jahre - Jahrzehnte nach Lilienthal.

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