good-to-know

„Before the Flight“
To-do-Listen – der Sicherheit zuliebe

Ziel aller planmäßigen Flugvorbereitungen sind Sicherheit und Schutz aller Passagiere und Besatzungsmitglieder an Bord. Um diese bestmöglich zu gewährleisten, kommen Checklisten zum Einsatz.

03.2021 | Autor: Markus Kemminer | 5 Min. Lesezeit

Autor:
Markus Kemminer ist Geschäftsführender Redakteur der Content-Agentur TextVersion. Bei der großen Auswahl technischer Themen, über die er schreibt, rangiert das Thema Luftfahrt ganz weit oben.

Was sind Preflight-Checklisten?

Der Name sagt eigentlich schon alles: Eine Preflight-Checkliste ist eine Auflistung von Kontrollmaßnahmen, die ein Pilot oder eines der Besatzungsmitglieder am oder im Flugzeug durchführen muss, bevor dieses als startbereit gemeldet werden kann.

Ziel sämtlicher Preflight-Checks ist die Überprüfung aller funktions- und sicherheitsrelevanten Faktoren im Cockpit, im Kabinen- und Außenbereich.

Allerdings …

… wer nach der Checkliste oder den Checklisten sucht, wie sie zur Flugvorbereitung abgearbeitet werden, findet sich bald in einem Labyrinth wieder. Der Grund: Die Vielzahl unterschiedlicher Flugzeugtypen und -modelle mit ihren jeweiligen technischen Besonderheiten, dazu die (oft historisch bedingten) Unterschiede in den Vorgaben von Fluggesellschaften oder Flughafenbetreibern, lassen hier kaum eine Einheitlichkeit zu. Grundsätzlich können aber zwei Checklisten voneinander unterschieden werden:

  • der sogenannte „Preflight-Check“ (auch als „External Check“ oder „Piloten-Rundgang“ bezeichnet), bei dem die äußerlich sichtbaren Bestandteile des Flugzeugs geprüft werden
  • sowie der Startcheck (auch „Before-Taxi-Check“), der in der Summe all jene Überprüfungen zusammenfasst, die zur unmittelbaren Vorbereitung des Starts anfallen.
Arbeitsbeginn: Fahren Sie über das Bild für eine größere Ansicht

Arbeitsbeginn: Im Normalfall treffen sich die Piloten eine Stunde und vierzig Minuten vor dem Abheben zu einer gemeinsamen Besprechung.

Warum werden Preflight-Checklisten eingesetzt?

Bei aller Erfahrung und Routine, die Entscheidungsträger in einem professionellen Umfeld aufbringen können, wissen wir: Das menschliche Gedächtnis ist fehlbar und die Fähigkeit zur Konzentration stets durch innere oder äußere Einflüsse gefährdet, die sie ablenken können. Checklisten entlasten das Gedächtnis, fokussieren die Aufmerksamkeit auf einen bestimmten Aspekt und überführen die technische und funktionale Überprüfung eines Gesamtsystems in eine festgelegte Abfolge und Routine.

Seit wann gibt es Preflight-Checklisten?

Bereits erstaunlich lange! Die Erstellung von Vorflug-Checklisten wurde Mitte der Dreißigerjahre von dem Flugzeugbauer Boeing initiiert. Boeing hatte erkannt, dass die Piloten ihrer Maschinen – insbesondere bei der Überprüfung ihrer Flugzeuge in der Vorbereitungs- und Startphase – eine zusätzliche Gedächtnishilfe benötigten, um mögliche Gefahren und Risiken zu vermeiden, die durch eine unaufmerksame oder unvollständige Kontrolle entstehen können.

In welcher Phase der Flugvorbereitung werden die Checks durchgeführt?

Der Preflight-Check beginnt in der Regel nach dem Briefinggespräch der Crew, in dem die Mitglieder der Besatzung in einer gemeinsamen Besprechung Flug-, Flugzeug- und Wetterinformationen austauschen und mögliche Besonderheiten im Umfeld des Flugs erörtern. Wesentliches Thema dieser Besprechung ist dabei die Festlegung der Treibstoffmenge, die mitgeführt werden muss. Nach dem Informationsaustausch beginnen die Flugkapitäne mit dem Preflight-Check, also der Überprüfung zentraler funktions- und sicherheitsrelevanter Faktoren im Außenbereich, in der Kabine und im Cockpit. Der Startcheck wird dann, der Name sagt es bereits, in unmittelbarer Vorbereitung des Takeoffs durchgeführt.

Flugvorbereitung: Fahren Sie über das Bild für eine größere Ansicht

Flugvorbereitung: Die Kabinenbesatzung wird von den Piloten über alle wichtigen Aspekte des Flugs, insbesondere Wettervorhersage und der daraus abzuleitenden, möglichen Turbulenzen, informiert.

Was überprüft der Pilot bei seinem Rundgang im Einzelnen?

Der Preflight-Check besteht im Wesentlichen in der technischen Überprüfung der Maschine, die kurz vor dem Start während eines Rundgangs um das Flugzeug meist vom Piloten selbst vorgenommen wird.

Der erste Blick richtet sich dabei auf offensichtliche Unstimmigkeiten: In welchem Zustand befinden sich die Bereifung, die Tragflächen?

Die Listen, die der Prüfverantwortliche zur Hand hat, sind dabei stets an den Besonderheiten des jeweiligen Flugzeugmodells orientiert. Zu seinen Aufgaben gehören unter anderem:

  • Überprüfung der Papiere, Einsicht in die Logbücher des Flugzeugs, Prüfung der korrekten Einstellungen am Flugzeug und Vollständigkeit der Ausrüstung
  • Check der Außenseiten des Flugzeugs beim Rundgang: Gibt es beispielsweise Risse, die sich erkennbar am Rumpf entlangziehen, Beulen oder Kratzer?
  • Überprüfung der Flugsteuerungen, des Kraftstoff- und Ölstands.
  • (Bei entsprechend niedrigen Temperaturen:) Überprüfung, ob die Außenhaut des Flugzeugs schnee- bzw. eisfrei ist.

Anhand der Bewertung dieser Kriterien entscheidet der Verantwortliche, ob das Flugzeug flugtauglich ist, also: Go oder No-Go.

Kabinenbesatzung: Fahren Sie über das Bild für eine größere Ansicht

Kabinenbesatzung: Vor dem Abflug prüft die Crew ob alle Passagiere angeschnallt sind.

Und was macht die Crew währenddessen?

Im Anschluss an die Besprechung mit den Piloten im Crewraum findet in der Regel eine zusätzliche Unterweisung zu Flugsicherheits- oder Erste-Hilfe-Themen statt.

Auch bei der eigentlichen Flugvorbereitung in der Kabine zählt die Überprüfung der Notfallausrüstung anhand der Emergency Equipment Checklist (EECL) zu den wichtigsten und verantwortungsvollsten Aufgaben der Crew. Dabei wird unter anderem kontrolliert, ob sich unter allen Sitzen Schwimmwesten befinden und auch alle weiteren Ausrüstungsgegenstände (Erste-Hilfe-Koffer) sicher verstaut und die Sauerstoffflaschen aufgefüllt sind.

Der eigentliche Startcheck …

… beginnt in der Phase der unmittelbaren Flugvorbereitung. Zunächst wird dabei der Flugsteuerungscomputer mit allen für die Fahrt wichtigen Daten gefüttert. Sind sämtliche Passagiere an Bord und die Gepäckstücke verladen, kann auch das endgültige Gewicht des Fliegers festgestellt werden; dieses ist für die Berechnung der Startdaten (Schub, Steigwinkel etc.) notwendige Voraussetzung. Erst wenn diese vom Steuerungscomputer erfasst werden, kann das Flugzeug seine Parkposition verlassen.

Startcheck: Fahren Sie über das Bild für eine größere Ansicht

Startcheck: Pilot und Co-Pilot prüfen ob die einzelnen Punkte der Checkliste korrekt ausgeführt bzw. eingestellt wurden.

Hierbei wird unter anderem geprüft, ob

  • die Kraftstoffmenge tatsächlich den zuvor durchgeführten Berechnungen entspricht
  • Instrumente, Funkverkehr und Flugsteuerungsfunktionen einwandfrei funktionieren
  • sich alle relevanten Start- bzw. Vorstarteinstellungen (On/Off oder spezifische Einstellungen) in der korrekten Position befinden
  • Türen und Öffnungen vorschriftsmäßig verschlossen sind
  • und Besatzungsmitglieder und Passagiere angeschnallt sind.

Der Startcheck wird dabei in der Regel als eine Koproduktion von Pilot und Co-Pilot vorgenommen. Während einer der beiden die einzelnen Punkte der Liste vorträgt, checkt der andere, ob diese korrekt ausgeführt bzw. eingestellt wurden.

Derweil kümmert sich die Kabinenbesetzung um die Ankunft der Passagiere an Bord. Das Lächeln zur Begrüßung ist stets freundlich, aber …

… stets verbunden mit einem prüfenden Blick. Mit diesem nämlich werden die ankommenden Fluggäste gecheckt: Wie sieht deren Handgepäck aus? Welche Sprache sprechen sie? Wie ist ihr körperlicher (und möglicherweise geistiger) Zustand? Sind sie möglicherweise alkoholisiert oder verhalten sie sich in auffälliger Weise aggressiv?

Mit einem „Cabin ready!“ …

… gibt dann der Purser an das Cockpit weiter, dass sämtliche sicherheitsrelevanten Aspekte in der Kabine überprüft, die Arbeitsmaterialien verstaut und alle Passagiere angeschnallt sind. Es kann jetzt losgehen!

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren:


Der AEROREPORT ist das Luftfahrtmagazin der MTU Aero Engines, Deutschlands führendem Triebwerkshersteller.
„Die Welt der Luftfahrt mit MTU-Brille“ bringt auf den Punkt, worüber der AEROREPORT berichtet. „REPORT“ steht für Hochtechnologie
und exzellenten Service „Made by MTU“, „AERO“ für den Blick über den Tellerrand hinaus, auf allgemeine Luftfahrtthemen.

Fliegen und die Technologie, die es ermöglicht, sind faszinierend und bieten ein breites Themenspektrum für ein Luftfahrtmagazin: mehr als hundert Jahre Geschichte und viele Fragestellungen für die Zukunft der Luftfahrt angesichts von Klimawandel, Bevölkerungswachstum und Ressourcenknappheit.