innovation
Neue Produktionsverfahren verbessern die Ökobilanz
Zu einem sauberen Flugzeug gehört eine saubere Herstellung. Umweltschutz wird daher auch in der Produktion immer wichtiger.
03.2018 | Autorin: Monika Weiner | 4 Min. Lesezeit
Autorin:
Monika Weiner
arbeitet seit 1985 als Wissenschaftsjournalistin. Die Diplomgeologin interessiert sich vor allem für neue Entwicklungen in Forschung und Technik sowie deren gesellschaftliche Auswirkungen.
Je leichter und leiser desto besser: Um die Umwelt zu schonen und Betriebskosten zu senken, feilschen die Hersteller von Flugzeugen und Triebwerken seit Jahrzehnten um jedes Gramm und jedes Dezibel.
Dank neuer Technologien ist der Treibstoffverbrauch von Flugzeugen seit den 60er Jahren um 45 Prozent gesunken. In den nächsten Jahrzehnten sollen neue Designs und Antriebskonzepte CO2-Ausstoß und Kerosinverbrauch noch einmal halbieren. Das schont die Ölreserven der Erde, ist gut fürs Klima und hilft den Airlines Spritkosten zu sparen. Doch nicht nur während des Fluges lässt sich die Umwelt entlasten. „Zu einem sauberen Flugzeug gehört auch eine saubere Herstellung mit effizienten Produktions- und Maintenance-Prozessen“, sagt Stefan Lange, bei der MTU Aero Engines verantwortlich für Neubau und Modernisierung von Gebäuden und technischen Versorgungsanlagen.
„Zu einem sauberen Flugzeug gehört auch eine saubere Herstellung mit effizienten Produktions- und Maintenance-Prozessen.“
Verringerung von Emissionen und Verbräuchen trotz steigender Produktion
Um die Energieeffizienz zu erhöhen und Ressourcen einzusparen, analysieren und optimieren die Flugzeug- und Triebwerksbauer systematisch ihre Produktionsprozesse: In den europäischen Airbus-Werken beispielsweise wurde innerhalb von zehn Jahren der Energieverbrauch um drei Prozent, der CO2-Ausstoß um 14 Prozent und die Emission von flüchtigen organischen Verbindungen um 21 Prozent gesenkt. Gleichzeitig gelang es, den Wasserverbrauch um 19 Prozent zu reduzieren, obwohl die Zahl der gefertigten Flugzeuge im selben Zeitraum um ein Drittel anstieg. Am Standort Hamburg wurde 2006 eine Anlage zur Aufbereitung von Flusswasser in Betrieb genommen, die den Verbrauch an Trinkwasser um 82.000 Kubikmeter im Jahr drosselt; weitere 10.200 Kubikmeter werden durch eine spezielle Sensorik, die Lecks frühzeitig aufspürt, eingespart.
Beim Triebwerkshersteller MTU gibt es seit 2010 ein eigenes Programm zur Verringerung des ökologischen Fußabdrucks in der Produktion und Maintenance: Mit CLAIR-IS, die Abkürzung steht für Clean Air Industrial Site, gelang es, allein am Standort München 20.000 Tonnen CO2 einzusparen, seit vermehrt Brunnenwasser zur Kühlung der Anlagen eingesetzt wird. Ein neues mit Bio-Methan betriebenes Blockheizkraftwerk, das im November 2017 in Betrieb ging, reduziert die CO2-Emission um weitere 6.800 Tonnen im Jahr. Zusätzliche Energie wird gespart durch Dämmung von Gebäuden, die Beseitigung von Lecks in den Druckluftanlagen und das systematische Abschalten von Maschinen und Anlagen bei Nacht und an Feiertagen. Und nicht nur bei der Produktion wird auf Umweltschutz geachtet: Die MTU Maintenance Canada in Richmond, British Columbia, hat sich einer Initiative des nahegelegenen Flughafens Vancouver angeschlossen und ihren Carbon-Footprint ermittelt. Die kanadische Tochtergesellschaft der MTU arbeitet systematisch an der Reduktion ihrer Emissionen: Der Strom beispielsweise kommt ausschließlich aus regenerativen Wasserkraftwerken. „Insgesamt konnten wir bei der MTU den CO2-Ausstoß in den letzten 25 Jahren halbieren“, resümiert Lange.
High-Tech Fertigungsverfahren im Einsatz bei der MTU: Additive Fertigung
Additive Fertigung: Als eines der ersten Unternehmen in der Triebwerksbranche stellt die MTU per 3D-Druck Serienbauteile her. Zum Video
Ressourcenschonende Verfahren
Um die Komponenten für die sauberen Triebwerke der Zukunft möglichst effizient und energiesparend herzustellen, nutzen die MTU-Ingenieure bereits heute innovative Technologien. „Mit Additiven Verfahren wie dem Selektiven Laserschmelzen lassen sich Bauteile direkt aus CAD-Daten fertigen: Ein Laser verschmilzt Metallpulver Punkt für Punkt und Schicht für Schicht genau an den vorgegebenen Stellen“, berichtet Dr. Karl-Heinz-Dusel. Diese Fertigungsweise habe dabei mehrere Vorteile, betont der Leiter Additive Fertigung Technologie bei der MTU: „Man spart Material – unverfestigtes Metallpulver lässt sich am Ende herausschütteln, sieben und wiederverwenden. Verglichen mit traditionellen Verfahren wie Guss oder der Bearbeitung von Schmiedeteilen braucht man zudem weniger Aufmasse, weil der Rohling nur wenig nachbearbeitet werden muss.“ Ein weiterer Pluspunkt: Mit der Additiven Fertigung lassen sich neue Funktionen in das Bauteil integrieren, beispielsweise Hohlräume für die Kühlung. Zusätzlich kann durch belastungsoptimiertes Design auch das Gewicht reduziert werden. In Zukunft wollen die Konstrukteure die Technik vermehrt einsetzen. Boroskopaugen für das PW1100G-JM werden bereits serienmäßig gefertigt; als nächstes soll die Zulassung von gedruckten, leichten Halterungen für Ölleitungen beantragt werden.
„Neue ressourcenschonende Verfahren wie die Additive Fertigung sind für die Verbesserung des ökologischen Fußabdrucks der Luftfahrt enorm wichtig“, sagt Dr. Sascha Gierlings, Leiter Prototypenfertigung am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT in Aachen (siehe auch Beitrag MTU und Fraunhofer-IPT gründen „Technikum Blisk“). Zusammen mit den MTU-Ingenieuren analysiert und vergleicht er derzeit unterschiedliche Prozessketten: „Abhängig davon, wie hoch die thermomechanische Beanspruchung in einem Bauteil ist, müssen unterschiedliche Fertigungsverfahren und Herstellrouten eingesetzt werden. Bei allen gibt es hohe Einsparpotenziale, weil die Fertigung von Triebwerkskomponenten sehr aufwändig ist.“
Die Untersuchungen sind unter anderem Teil des EU-Forschungsprogramms Clean Sky 2, in dem 200 Forschungseinrichtungen und Unternehmen, darunter auch die MTU, innovative Lösungen zur Reduktion von klimaschädlichen Gasen und Lärm erarbeiten. Ein Thema im Clean Sky 2-Programm ist das Eco-Design, mit dem der Verbrauch von Material, Energie und Ressourcen über die gesamte Lebensspanne eines Flugzeugs – von der Produktion bis hin zum Recycling – reduziert werden soll.