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Airbus A320 – Mittelstrecken-Bestseller seit bald 40 Jahren

Vom belächelten Projekt zum globalen Bestseller: Der Airbus A320 steht für europäische Ingenieurskunst, technologische Innovation und eine beispiellose Erfolgsgeschichte.

Autor: Andreas Spaeth | 5 Min. Lesezeit veröffentlicht am: 13.11.2025

Autor:
Andreas Spaeth ist seit über 25 Jahren als freier Luftfahrtjournalist in aller Welt unterwegs, um Airlines und Flughäfen zu besuchen und über sie zu berichten. Bei aktuellen Anlässen ist er ein gefragter Interviewpartner in Hörfunk und Fernsehen.

AEROREPORT-Serie: Ikonen der Luftfahrt

Der Airbus A320 und seine Schwestermodelle sind heute die meistgeflogenen Verkehrsflugzeuge der Welt. Dass ein europäisches Mittelstreckenflugzeug diese Rolle übernehmen würde, war in den 1980er-Jahren kaum vorstellbar. Selbst optimistische Prognosen rechneten mit wenigen Hundert, bestenfalls Tausend verkauften Exemplaren. Doch Airbus wagte etwas völlig Neues: Ein modular erweiterbares, technologisch wegweisendes Flugzeug mit elektronischer Steuerung, digitalem Cockpit und effizienter Aerodynamik.

In der Öffentlichkeit erhielt der A320 bald den Spitznamen „Atari-Flieger“ – benannt nach dem damals populären Heimcomputer, der für viele den Einstieg in die digitale Welt bedeutete. Tatsächlich war das Flugzeug seiner Zeit weit voraus: Der Sidestick – ein kleiner Steuerhebel seitlich im Cockpit – ersetzte den traditionellen Steuerknüppel und ließ sich ohne Kraftaufwand bedienen. Das Fly-by-Wire-System steuerte das Flugzeug rein elektronisch statt über mechanische Seilzüge. Unterstützt von Bordcomputern, die kritische Flugzustände automatisch verhindern sollten, wurde das A320-Cockpit zur Blaupause für alle späteren Airbus-Modelle – ein Sicherheitsplus und zugleich ein Symbol für den Paradigmenwechsel im Flugzeugbau.

Die A320-Familie entwickelte sich nicht nur zur tragenden Säule des globalen Luftverkehrs, sondern verschaffte Airbus langfristig die Marktführerschaft im zivilen Flugzeugbau. Die ungebrochene Nachfrage – insbesondere nach der modernisierten A320neo-Version – sichert dem Konzern bis heute eine starke Position und schafft Freiräume für neue Investitionen.

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A320-Cockpit mit seitlichem Sidestick und elektronischer Fly-by-Wire-Steuerung, die präzise Kontrolle und erhöhte Betriebssicherheit ermöglicht.

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Seit 2016 fliegt der A320neo mit PW1100G-JM-Triebwerken und mit dem CFM LEAP-Antrieb.

Airbus A320 – Zahlen, Daten, Fakten

  • Frankreich war die treibende Kraft beim Start des A320-Programms. Air France bestellte im Juni 1981 die ersten 25 Flugzeuge und erhielt im Frühjahr 1988 die ersten Maschinen.

  • Am 14. Februar 1987 tauften der britische Thronfolger Prinz Charles (heute König Charles III.) und seine damalige Ehefrau, Prinzessin Diana, in Toulouse das neue Airbus-Modell feierlich auf den Namen A320. Bereits zu diesem Zeitpunkt lagen 437 Bestellungen vor.

  • Der Erstflug war ursprünglich für Samstag, den 21. Februar 1987 geplant. Da an diesem Tag mehrere wichtige Rugbyspiele stattfanden, verschob Airbus den Flug, um die volle Aufmerksamkeit der Medien zu erhalten. Ein Jahr später, am 26. Februar 1988, folgte die Musterzulassung.

  • Der A320 war das erste Verkehrsflugzeug mit sogenannten Wingtip Fences – kleinen Aufsätzen an den Flügel-Enden, die Luftverwirbelungen reduzieren und den Treibstoffverbrauch senken. Ab 2012 erhielten alle neuen A320 die größeren Sharklets, die auf längeren Strecken mindestens 3,5 % Treibstoff sparen.

  • Aufgrund der hohen Nachfrage wird die A320 heute an vier Standorten gefertigt: im Airbus-Stammwerk Toulouse (von Beginn an), in Hamburg-Finkenwerder und Tianjin/China (beide seit 2008) sowie in Mobile/USA (seit 2015).

  • Die modernisierte Version A320neo fliegt seit 2016 mit PW1100G-JM-Triebwerken und mit dem CFM LEAP-Antrieb. Die Produktion der ursprünglichen A320ceo-Version wurde 2021 eingestellt.

  • Seit dem Erstflug 1988 entwickelte sich der A320 zur Basis einer ganzen Flugzeugfamilie. Neben der gestreckten A321 gehören auch die verkürzte A319 sowie die besonders kompakte A318 dazu. Im März 2025 befanden sich 11.025 Flugzeuge der A320-Familie bei über 375 Betreibern weltweit im Einsatz.

  • Die bekannteste A320 steht heute im Sullenberger Aviation Museum in Charlotte, North Carolina – sichtbar gezeichnet vom Einsatz. Mit genau dieser Maschine (Kennzeichen N106US) gelang Chesley „Sully“ Sullenberger im Januar 2009 nach Vogelschlag und Triebwerksausfall die spektakuläre Notwasserung auf dem Hudson River in New York.

  • Mit 6.340 aktiven Maschinen (Stand: März 2025) ist die A320 so weit verbreitet, dass weltweit im Schnitt alle zwei Sekunden ein Flugzeug dieses Typs startet.

Airbus A320

Airbus A320

Typ:
Zweistrahliges Schmalrumpfflugzeug
Hersteller/Herkunft:
Airbus, Toulouse/Frankreich
Erstflug:
22. Februar 1987
Indienststellung:
8. April 1988
Produktionszeit:
1987 bis heute
Anzahl gebaut:
6.754 (A320ceo und neo ausgeliefert bis April 2025)
Länge:
37,57 Meter
Spannweite:
35,80 Meter
Reichweite:
6.500 Kilometer (A320neo)
Reisegeschwindigkeit:
833 km/h
Sitze (typisch/max.):
164/186

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Die Triebwerke der A320

Der Airbus A320 wurde ursprünglich mit zwei Triebwerksoptionen angeboten: dem CFM56 von CFM International und dem V2500 von International Aero Engines. Beide gehören zu den erfolgreichsten und am weitest verbreiteten Triebwerkstypen dieser Klasse.

Mit der A320neo-Variante ("new engine option") setzte Airbus wie bei den größeren Familienmitgliedern auf neue Triebwerke mit verbessertem Wirkungsgrad. Zur Wahl stehen das LEAP-1A von CFM International sowie das PW1100G-JM der Pratt & Whitney GTFTM Triebwerksfamilie. Die MTU verantwortet beim PW100G-JM mit einem Programmanteil von 18 Prozent unter anderem die schnelllaufende Niederdruckturbine und die ersten vier Stufen des Hochdruckverdichters sowie die Endmontage eines Drittels der Serien-GTFs an ihrem Standort in München. Die Instandhaltung erfolgt bei der MTU Maintenance Hannover, der MTU Maintenance Zhuhai, bei EME Aero und bei der MTU in München.

PW1100G-JM

PW1100G-JM

Typ:
Zweiwellen-Zweistromtriebwerk
Schub (Pfund):
24,4 -33 k
Nebenstromverhältnis:
12.5:1
Fan-Durchmesser:
2,05 m
MTU-Kompetenzen:
Entwicklung und Fertigung verschiedener Stufen des Hochdruckverdichters, der schnelllaufenden Niederdruckturbine und von Bürstendichtungen bei allen Anwendungen. 1/3 der Endmontage der PW1100G-JM Serientriebwerke finden bei der MTU Aero Engines in München statt. Instandhaltung durch die MTU Maintenance Hannover, MTU Maintenance Zhuhai, EME Aero und MTU in München.

Seit dem Jahr 2021 erfolgt die Instandsetzung des LEAP-1A durch die MTU Maintenance Zhuhai. Zusätzlich bietet die MTU über die MTU Maintenance Lease Services B.V. in Amsterdam verschiedene Optionen für das Triebwerksleasing an. Auch die MTU Maintenance Fort Worth wird zukünftig als Premium MRO Partner die komplette Instandhaltung der LEAP-Modelle betreuen. Die LEAP-Triebwerksfamilie zeichnet sich durch eine 15-prozentige Verbesserung des Treibstoffverbrauchs gegenüber Vorgängerversionen aus.

LEAP-1A

LEAP-1A

Typ:
Zweiwellen-Zweistromtriebwerk
Max. Schub:
35.000 lbf
Nebenstromverhältnis:
11:1
Höhe:
2,4 m
MTU-Kompetenzen:
Instandsetzung durch die MTU Maintenance Zhuhai sowie On-Site Service Aktivitäten. Die MTU Maintenance Fort Worth wird zukünftig als Premium MRO Partner die komplette Instandhaltung der LEAP-Modelle betreuen.


Besonders beeindruckte mich der Blick ins Cockpit: Der Chefpilot zeigte den seitlichen Side-stick unter dem Cockpitfenster – ein schmaler Steuerhebel, wo sonst ein klassischer Steuerknüppel erwartet wurde.

Andreas Spaeth

Luftfahrtjournalist Andreas Spaeth erinnert sich

Es war ein besonderer Moment, wohl im Frühjahr 1987. Als Nachwuchsjournalist war ich bei einem Pressetermin auf dem Werksgelände von MBB (Messerschmitt-Bölkow-Blohm), dem damaligen deutschen Airbus-Partner, in Hamburg-Finkenwerder. Dort landete erstmals eine A320 – der Prototyp, die erste Testmaschine – in Hamburg. Die Stimmung war gespannt: Noch war vieles geheim, doch allen war klar, dass dieses Programm eine enorme Herausforderung für Airbus bedeutete. Bis dahin hatte man in Hamburg nur Rumpfteile für die A300 und A310 gebaut.

Nur gut ein Jahr später, im Mai 1988, kam Air France mit einer nagelneuen A320 nach Hamburg – die erste Auslieferung wurde der Presse vorgestellt. Ich war damals Praktikant bei der Lokalredaktion einer großen Tageszeitung und begleitete die Kollegen zum Termin. Besonders beeindruckte mich der Blick ins Cockpit: Der Chefpilot zeigte den seitlichen Sidestick unter dem Cockpitfenster – ein schmaler Steuerhebel, wo sonst ein klassischer Steuerknüppel erwartet wurde. Für damalige Verhältnisse wirkte das revolutionär.

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