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Wie Wasserstoffantriebe ins Flugzeug kommen

Die Entwicklung und Optimierung von Brennstoffzellen und Wasserstofftanks ist eine Herausforderung – eine andere: Wie integriert man die Komponenten bestmöglich ins Flugzeug?

01.2021 | Autor: Denis Dilba | 4 Min. Lesezeit

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Denis Dilba studierte Mechatronik, besuchte die Deutsche Jour­na­listen­schule und gründete das digitale Wissen­schafts­magazin Sub­stanz. Er schreibt über ver­schieden­ste Themen aus Technik und Wissen­schaft.

AEROREPORT-Serie: Wie Wasserstoff die Luftfahrt revolutioniert

Nicht nur Barnaby Law, Chief Engineer Flying Fuel Cell der MTU, ist davon überzeugt, dass Passagierflugzeuge künftig mit Wasserstoff abheben werden: Nur knapp sieben Wochen nachdem die MTU und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrttechnik (DLR) Anfang August 2020 eine Absichtserklärung zur gemeinsamen Entwicklung eines Brennstoffzellen-Antriebsstrangs unterzeichneten, veröffentlichte Airbus seine konkreten Pläne für eine umweltfreundlichere Luftfahrt. Für die Mittel- und Langstrecke stellt sich Airbus etwa ein wasserstoffbetriebenes Turbofan-Konzept vor. Modifizierte Triebwerke sollen das flüchtige Gas direkt verbrennen. Laut Airbus könnte dieser Flieger ab 2035 in Dienst gehen. Was bei der Konstruktion erst bei genauerem Hinsehen ins Auge fällt: Im hinteren Rumpfbereich hat der H2-Flieger keine Fenster. Dort befindet sich der Wasserstofftank. „Wer Wasserstoffantriebe in das Flugzeug integrieren will, muss Kompromisse eingehen,“ so Law.

Airbus: Zwei Hybrid-Wasserstoff-Turbofan-Triebwerke sorgen für Schub. Im hinteren Rumpfbereich befindet sich der Wasserstofftank. ©Airbus

Der Grund dafür: Wasserstoff hat bei gleichem Energieinhalt auch auf minus 253 Grad Celsius tiefgekühlt und damit flüssig noch ein viermal so großes Volumen wie herkömmliches Kerosin. „In den Tragflächen, wo sich heute die Kerosintanks befinden, ist daher einfach nicht mehr genug Platz für Wasserstoff“, sagt Brennstoffzellen-Experte Law. Diese Einschränkung gelte ebenso für wasserstoffbasierte Antriebe, die auf Brennstoffzellen setzen. Über den größeren Platzbedarf hinaus seien bei einem Flüssigwasserstofftank wegen der im Vergleich zu Kerosintanks höheren Drücke zudem kugel- oder zylinderförmige Bauweisen nötig. „Wenn man den Tank nicht außen an das Flugzeug bauen will, was nicht empfehlenswert ist, da es stark zu Lasten der Aerodynamik geht, bleibt als Einbauort nur der Rumpf“, erklärt Law. Dort sieht auch der Experte den H2-Tank. Um eine ähnliche Anzahl von Passagieren befördern zu können, müssen wasserstoffbetriebene Flugzeuge somit entweder länger werden oder größere Rumpfdurchmesser aufweisen.

„Die Brennstoffzellen können entweder im Rumpf möglichst nahe des Wasserstoffs platziert werden oder in der Nacelle möglichst nahe des Elektromotors.“

Jochen Kaiser, Leiter für visionäre Flugzeugkonzepte bei Bauhaus Luftfahrt

Bauhaus Luftfahrt: Durch die vergrößerte Rumpfoberfläche eines Wasserstoffflugzeuges ergibt sich ein synergetisches Einsparpotenzial bei Anwendung eines Rumpfpropulsors. ©Bauhaus Luftfahrt

Für Langstrecken- und Ultra-Langstreckenflüge ist ein H2-Tank zu groß und schwer

Denkbar sei auch die Aufteilung auf mehrere kleine Tanks oder die Kombination eines größeren H2-Speichertanks mit vergleichsweise niedrigem Druck und einem kleineren Hochdrucktank, sagt Law. Letzteres komme etwa bei der Wasserstoffdirektverbrennung in Frage, da die Triebwerke hier Wasserstoffdrücke von 60 bar benötigen. „Grundsätzlich sind mehrere kleine Wasserstofftanks aber immer schwerer als einer oder wenige große.“ Letzteres halte er daher künftig für die Standardlösung. Für Langstrecken- und Ultra-Langstreckenflüge werde aber auch ein einzelner Tank trotz des üblicherweise eingesetzten Leichtmetall Aluminium so groß und schwer, dass sich der Einsatz von flüssigem Wasserstoff nicht mehr wirtschaftlich rechnet: „Überspitzt gesagt, hätte man dann nur noch Platz für den Tank, aber nicht mehr für die Passagiere“, so Law. Für Langstreckenflugzeuge sieht die MTU daher Dropinfähige Sustainable Aviation Fuels (SAFs) im Einsatz.

Zusätzlich zur Herausforderung der Integration des Flüssigwasserstofftanks stellt sich bei Flugzeugkonzepten mit Brennstoffzellen-Primärantrieb die Frage, wo eben jene Zellen am besten platziert werden sollten. „Es gibt zwei denkbare Varianten“, sagt Jochen Kaiser, Leiter für visionäre Flugzeugkonzepte beim Münchner Luftfahrt-Forschungsinstitut Bauhaus Luftfahrt. „Die Brennstoffzellen können entweder im Rumpf möglichst nahe des Wasserstoffs platziert werden oder in der Gondel möglichst nahe des Elektromotors“, so der Experte. Die Variante im Rumpf habe den Vorteil, dass sie nur kurze Wasserstoffrohrleitungen zu den Zellen benötigt. Der Nachteil ist, dass dafür längere Kabel zu den Elektromotoren verbaut werden müssen. Beim Einbau in die Gondel kehren sich Vor- und Nachteile um: die Elektrokabel werden kürzer, die H2-Rohrleitungen länger. Aus Kaisers Sicht hat hier nach aktuellem Forschungsstand die Variante nahe den Elektromotoren zusätzliche Vorteile: Zum einen kann die Abwärme bei Brennstoffzellen-Stapel in der Gondel leichter abgeführt werden. Zum anderen käme sie mit bewährter Kabeltechnik aus.

Hyliner-(2.0)-Flugzeug

Ein mögliches Konzept: Da Flüssigwasserstofftanks von einem hohen Volumen-Oberflächen-Verhältnis profitieren, verfügt das Hyliner-(2.0)-Flugzeug über Rumpftanks im Bug- und Heckbereich des Flugzeuges.

Mit Wasserstoff in die Zukunft

Wasserstoff hat das Potenzial, die Emissionen der Luftfahrt auf ein Minimum zu reduzieren und einen Großteil der künftigen Flugzeug-Flotte sogar nahezu emissionsfrei fliegen zu lassen. MTU sieht in diesem Zusammenhang grundsätzlich drei Möglichkeiten der Nutzung des flüchtigen Gases:

Drop-in-fähige nachhaltige, alternative Kraftstoffe auf Basis von Wasserstoff (Sustainable Aviation Fuels, kurz SAFs), die beispielsweise mit dem Power-to- oder Sun-to-Liquid-Verfahren hergestellt werden, können sofort in bestehenden Flugzeugen und Triebwerken verwendet werden.

Ebenfalls schnell umgesetzt werden könnte die direkte Verbrennung von flüssigem Wasserstoff in Fluggasturbinen. Dazu müsste das Triebwerk – insbesondere die Brennkammer – angepasst werden. Das könnte in wenigen Jahren erreichbar sein, so die MTU-Einschätzung.

Langfristig setzt die MTU auf eine dritte Nutzungsmöglichkeit von Wasserstoff: seine Wandlung in elektrische Energie mittels einer Brennstoffzelle. Diese Technologie verspricht nahezu komplette Emissionsfreiheit.

Brennstoffzellen nahe an den Elektromotoren sind am besten zu realisieren

„Bei Brennstoffzellen im Rumpf ist das anders“, sagt der Bauhaus-Luftfahrt-Wissenschaftler. Da das Spannungsniveau im Flugzeug aus Sicherheitsgründen begrenzt ist, müssen die Kabel deutlich dicker und schwerer ausgelegt werden, um die gleiche Menge Strom zu leiten. „Eine mögliche Lösung für dieses Problem wären Hochtemperatur-Supraleiterkabel – sie können bei deutlich weniger Gewicht viel mehr Strom leiten“, sagt Kaiser. Diese Technologie befinde sich aber noch im Forschungsstadium. Für Barnaby Law kommt daher nur der Einbau von Brennstoffzellen in der Gondel in Frage: „Das ist unsere MTU-Philosophie: Keine Experimente – außer im Bereich Forschung und Entwicklung. In der Umsetzung von Technologien bauen wir auf bewährte und beherrschte Technologien. Schließlich agieren wir im Luftfahrtsektor mit höchsten Sicherheitsanforderungen.“

Die MTU sei aber sehr zuversichtlich, in den kommenden 15 bis 20 Jahren Wasserstoffantriebe in der Anwendung zu sehen. „Dabei setzen wir voraus, dass das Gros der Flughäfen weltweit bis dahin auch ihre Infrastruktur auf Wasserstoff angepasst haben“, sagt Law. „Das ist machbar“, sagt der MTU-Experte. Wie, das sei allerdings noch einmal ein ganz eigenes Thema.

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