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Mit der Leading Technology Roadmap zu neuen Innovationen
Mit der Leading Technology Roadmap, einer Art Innovationsfahrplan für ihre stärksten Kompetenzen, bringt die MTU Aero Engines immer bessere Antriebskonzepte auf den Weg.
04.2018 | Autorin: Silke Hansen | 5 Min. Lesezeit
Autorin:
Silke Hansen
schreibt als freie Journalistin für den AEROREPORT. Seit über zehn Jahren berichtet sie aus der Welt der Luftfahrt, ihre Themenschwerpunkte sind Technik, Innovation und Markt. Ein weiteres Spezialgebiet der Autorin ist das Corporate Responsibility Reporting.
Die Zahlen sind beeindruckend: 400 Patentanmeldungen und rund 200 Erfindermeldungen reicht die MTU Aero Engines im Schnitt jedes Jahr ein. Das Unternehmen sprudelt vor Ideen. Muss es auch. Eine hohe Innovationskultur und ein ausgefeilter Technologieprozess sichern den technischen Vorsprung, der enorm wichtig ist. Die Luftfahrt ist eine forschungsintensive Branche, in ihren Gütern steckt viel Hochtechnologie. Innovationen sind daher unverzichtbarer Teil der MTU-Partnerschaften mit den Triebwerks-OEMS und wichtige Säule für einen langfristigen Erfolg.
„Als innovationsstarkes Unternehmen gestalten wir die Luftfahrt aktiv mit – heute und morgen.“
„Als innovationsstarkes Unternehmen gestalten wir die Luftfahrt aktiv mit – heute und morgen“, erklärt Dr. Stefan Weber, Leiter Technologie und Vorauslegung bei der MTU. „Denn nachhaltigen Erfolg können wir nur haben, wenn wir unseren technologischen Vorsprung behaupten und weiter ausbauen. Das geht nur durch Kreativität und Innovationen“, so Weber weiter.
Die nächsten Entwicklungsschübe packen die MTU-Experten mit ihrer Leading Technology-Roadmap an – einem Fahrplan für ihre Parademodule Verdichter, Turbine und Turbinenzwischengehäuse. Hinter dieser Roadmap stecken rund 150 Einzelprojekte aus sämtlichen Fachbereichen, Entwicklung, Fertigung, Montage und Instandhaltung, die bis zum Jahr 2030+ eine neue Triebwerksgeneration auf die Startbahn bringen sollen – einen noch besseren und vor allem noch grüneren und leiseren Getriebefan. Denn immer mehr Passagiere steigen von Jahr zu Jahr in den Flieger.
Die MTU konzentriert ihre Forschungs- und Entwicklungsarbeit auf fünf Schwerpunkte, in denen sie vielversprechende Lösungen in Richtung Serienreife pusht. Denn bevor neue Technologien am Flügel eines Flugzeugs hängen, müssen sie erst mal zeigen, was sie drauf haben.
Noch mehr Fähigkeiten für den Verdichter
Die MTU-Entwickler arbeiten an höheren Gesamtdruckverhältnissen von über 50:1. Die höheren Drücke lassen die Kompressorteile gleichzeitig schrumpfen. Der Verdichter gewinnt insgesamt noch mehr an Effizienz und Stabilität. Dabei setzen die MTU-Ingenieure auf einen weitreichend neuen Ansatz: Sie optimieren Hoch- und Niederdruckverdichter gemeinsam als integriertes Kompressionssystem. Dafür entsteht am DLR, dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt, in Köln ein einzigartiges Zwei-Wellen-Verdichter-Rig.
Gutes noch besser machen
Die schnelllaufende Niederdruckturbine – eine der Schlüsselkomponenten des Getriebefans – soll in Sachen Wirkungsgrad, Gewicht, Lärm, Robustheit und Kosten ein umfassendes Upgrade bekommen. Und das, obwohl die MTU-Turbinen bereits sehr hohe Wirkungsgrade bei niedrigem Gewicht schaffen.
Neue Werkstoffe für die Turbine
Im Fokus stehen leichte Materialien für hohe Temperaturen, um noch mehr Gewicht – bis zu zehn Prozent – und Kühlluft zu sparen, so der Plan der MTU-Ingenieure. Weniger Gewicht bedeutet weniger Kraftstoffverbrauch und weniger CO2-Emission. Gefragt sind nur die besten Metalle wie weiterentwickelte Nickelbasiswerkstoffe oder ganz neue Materialien – so genannte Beyond-Nickel-Legierungen wie intermetallische und keramische Verbundwerkstoffe.
Grüner, leiser, effizienter: Der Getriebefan 2030+
Das selektive Laserschmelzen der MTU macht es möglich.
Visionen werden Wirklichkeit
Das Triebwerk der Zukunft entsteht immer mehr am Computer. Als eine Schlüsseltechnologie erweitert die MTU die Fähigkeiten zur virtuellen Auslegung und bereitet den Einsatz neuer Simulationsverfahren unter anderem für die Entwicklung von Werkstoffen und die Optimierung von Fertigungsverfahren vor. Die Digitalisierung des Unternehmens hat längst begonnen, zahlreiche Projekte in allen Bereichen sind gestartet. Die Vision: mit durchgängigen Simulationen und digitalen Prozessen die komplette Wertschöpfung von der Produktentwicklung bis zum fertigen Triebwerk im Betrieb zu vernetzen und virtuell abzubilden.
Ein digitaler Zwilling sammelt parallel zu den realen Bauteilen alle Daten von der Entwicklung über den Betrieb bis zur Instandsetzung und ermöglicht so eine konsequente Produktverbesserung. Mit Industrie 4.0 macht die MTU ihre Entwicklung und Herstellung immer komplexer werdender Produkte schneller, effizienter und qualitativ noch besser. Kosten- und zeitaufwändige Versuchsreihen für neue Werkstoffe fallen zum Beispiel weg.
Die Fertigung weiter denken
Die neuen Additiven Verfahren wie das selektive Laserschmelzen entwickelt die MTU weiter, um sie stärker einzusetzen. Mit der Roadmap wächst das additiv hergestellte Bauteilspektrum sukzessive. Die neuen Verfahren sollen in Zukunft komplexe Bauteile nahezu ohne klassische Werkzeuge schneller, flexibler und kostengünstiger fertigen. Konstrukteuren eröffnen sie völlig neue Freiheiten im Bauteildesign und bieten damit Optimierungspotenzial.
„Das Konzept des Getriebefans bietet enormes Verbesserungspotenzial. Mit den Weiterentwicklungen aus der Roadmap können wir die Stufe 2 bis 2030+ schaffen“
Ziele bis 2050
Die Leading Technology-Roadmap ist eingebettet in die übergeordnete Agenda der MTU: Clean Air Engine (Claire) enthält Ziele für einen geringeren Kraftstoffverbrauch, weniger CO2-Emissionen und Lärm - in zwei Etappen bis 2030 und 2050. „Das Konzept des Getriebefans bietet enormes Verbesserungspotenzial. Mit den Weiterentwicklungen aus der Roadmap können wir die Stufe 2 bis 2030+ schaffen“, erklärt Technologiechef Weber. Auch für die sehr ehrgeizige Stufe 3 bis 2050 gibt es bereits vielversprechende Leitkonzepte. „Da brauchen wir dann disruptive Ansätze für das Triebwerk, aber vor allen Dingen auch bei der Flugzeuggestaltung“, sagt Weber.